Istanbul. .
Drei Tote, 34 Verletzte - das ist das vorläufige Ergebnis eines Bombenanschlags in der türkischen Hauptstadt Ankara. Wer die täter sind, weiß noch niemand zu sagen. Der Verdacht richtete sich jedoch zunächst gegen die kurdische Terrororganisation PKK.
Eine Szene wie im Krieg, wie in Kabul oder in Bagdad. Brennende Autos nach einer schweren Detonation, verstümmelte Opfer, das Heulen der Sirenen der Rettungskräfte, geschockte Augenzeugen. „Manchen wurden die Beine abgerissen“, erzählt ein Lokalpolitiker.
Doch die Szene spielt sich nicht auf einem Kriegsschauplatz in einer fernen Krisenregion ab, sondern im Herzen der türkischen Hauptstadt Ankara, nur ein paar hundert Meter Luftlinie vom Amtssitz von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan entfernt.
Erdogan ist derzeit nicht in Ankara, sondern bei der UN-Vollversammlung in New York. Doch auf den Premier zielten die mutmaßlichen Täter wohl auch nicht. Sie wollten mit einer Bombe möglichst viele Menschen treffen, sagt Innenminister Idris Naim Sahin. Drei Menschen sterben, 34 werden laut Staatsanwaltschaft verletzt.
Wer die Täter sind, weiß nach der Explosion, die kurz vor Mittag ganz Ankara erschütterte, niemand zu sagen. Doch in den Köpfen gibt es vor allem einen Verdacht: Die kurdische PKK könnte erneut zugeschlagen haben.
Innenminister Sahin legt sich nicht fest, er spricht lediglich von Terror, ebenso wie Abdullah Gül, der türkische Staatspräsident, der sich auf Besuch in Deutschland befindet und den Terror verurteilt.
Keine Vorwarnung
Am Vorabend hatte Gül eine Rede in Berlin wegen einer Bombendrohung verschieben müssen, für die der Präsident die Anhänger der PKK verantwortlich machte. Man dürfe sich dem Terror nicht beugen, sagte Gül und bestand darauf, seine Ansprache trotz der Drohung zu halten. In Ankara gab es keine solche Drohung, auch keine Hinweise, auf die die Polizei hätte reagieren können. Ohne Ankündigung schlugen die Täter zu.
Laut Polizei hatten sie ihren Sprengsatz in einem geparkten Auto versteckt und dann gezündet. Die Explosion jagte die Flüssiggastanks anderer Fahrzeuge in derselben Straße in die Luft und verursachte eine Kettenreaktion, die in ganz Ankara zu hören war. Eine schwarze Rauchsäule hing nach der Detonation über dem Stadtzentrum.
Nach einer Phase der relativen Ruhe im Kurdengebiet hatten sich die Spannungen in jüngster Zeit wieder verstärkt. Die PKK griff mehrere Trupps der türkischen Armee in Südostanatolien an und tötete mehrere Soldaten, der türkische Staat antwortete mit Luftangriffen auf Stellungen der PKK im benachbarten Nordirak und drohte mit einem Einmarsch von Bodentruppen.
Keine Stellungnahme von der PKK
Von der PKK selbst lag zunächst keine Stellungnahme zu dem Anschlag vor. Die Kurdenrebellen hatten sich in den vergangenen Jahren einer Hilfstruppe namens „Freiheitsfalken Kurdistans“ bedient, wenn es darum ging, Gewaltaktionen in türkischen Metropolen wie Ankara oder Istanbul oder in den türkischen Urlaubsgebieten zu planen und auszuführen. Vor knapp einem Jahr sprengte sich ein Selbstmordattentäter der „Falken“ am zentralen Taksim-Platz in Istanbul in die Luft und verletzte mehr als 30 Menschen.
Obwohl sich die PKK noch nicht zu dem Anschlag äußerte, kritisierte die nationalistische Oppositionspartei MHP in Ankara bereits die Kurdenpolitik der Regierung. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe in ihrem Bemühen um eine politische Lösung des Kurdenkonflikts viel zu viele Zugeständnisse an die Rebellen gemacht, wetterte MHP-Fraktionsvize Oktay Vural vor der Presse. Damit seien die Militanten ermutigt worden.
Doch ob es wirklich ein Anschlag war, stand bis zum Abend nicht fest. Premier Erdogan wollte sich jedenfalls zunächst nicht äußern und sagte, es gebe keinerlei Beweise für einen Terroranschlag. Möglicherweise habe es sich auch um eine Gasexplosion gehandelt.