Berlin. .

FDP-Generalsekretär Lindner lehnt trotz des Wahldebakels eine Personaldebatte ab. „Wir werden mit Guido Westerwelle weiter und gut zusammenarbeiten.“ SPD-Chef Gabriel sieht den Absturz der FDP als Quittung für die für Europa-Skepsis.

Das Wahldebakel der FDP in Berlin wird wohl keine personellen Konsequenzen an der Bundesspitze nach sich ziehen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner stellte am Montag in Berlin klar, dass seine Partei auch an Außenminister Guido Westerwelle weiter festhalten wird. Der ohnehin bestehende Eindruck mangelnder Geschlossenheit in der FDP werde sonst nur verstärkt, betonte er im Deutschlandfunk. Stattdessen wollen sich die Freidemokraten künftig in der Debatte über die Euro-Rettung profilieren.

Über die Zukunft des Außenministers und Ex-Vorsitzenden war in der FDP unmittelbar vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern vor zwei Wochen heftig gestritten worden. Die Landesverbände im Nordosten und in Berlin sahen dadurch ihren Wahlkampf beeinträchtigt - und flogen aus den Parlamenten. Nun will die Parteispitze eine Personaldebatte gar nicht erst aufkommen lassen. Lindner sagte: „Wir werden mit Guido Westerwelle weiter und gut zusammenarbeiten.“

Auch Präsidiumsmitglied und Hessens Landeschef Jörg-Uwe Hahn - früher ein scharfer Kritiker Westerwelles - zeigte sich versöhnlich. „Die Wahl hat nicht Philipp Rösler, die Wahl hat aber auch nicht der ehemalige Vorsitzende Guido Westerwelle verloren“, sagte er in Berlin.

Scharfe Worte richtete er aber an den Koalitionspartner CDU. In der Diskussion über die Euro-Krise und Griechenland habe Parteichef Rösler dasselbe gesagt wie Horst Seehofer (CSU), als er eine geordnete Insolvenz ins Gespräch brachte. Dafür sei der FDP-Vorsitzende von der Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel „fast öffentlich getadelt“ worden, monierte Hahn. Rösler sei immerhin ihr Stellvertreter. „So geht es in der Koalition nicht weiter.“

Parteiinterner Streit über Euro

In der Euro-Debatte will die FDP den von Rösler vorgegebenen Kurs fortsetzen. Lindner sagte, seine Partei wolle „mehr Europa“, aber gleichzeitig auch „eine Stabilitätsunion“. Er plädierte erneut dafür, den geplanten permanenten Euro-Rettungsmechanismus um ein Staateninsolvenzrecht zu ergänzen. Dass die FDP-Basis die Parteispitze zu einem Kurswechsel zwingen wird, erwartet Lindner nicht.

Mit Blick auf den von Euro-Kritikern angestrebten Mitgliederentscheid zum Rettungsschirm sagte er, es gebe eine klare Mehrheit für die bisherige Linie der FDP. Der Generalsekretär empfahl seiner Partei, dem dauerhaften Rettungsmechanismus zuzustimmen. Dieser enthalte eine Reihe liberaler Akzente wie das Mitbestimmungsrecht der Parlamente sowie die Beteiligung privater Gläubiger an den Hilfen für die in finanzielle Not geratenen Staaten.

Außenminister Westerwelle betonte ebenfalls: „Die FDP weiß was sie an Europa hat, wir wissen alle, was wir an Europa haben und das wird auch so bleiben.“

Ein Thema wird indes von der FDP-Führung strikt vermieden. Zu den von schwarz-gelb geplanten Steuersenkungen - einst Hauptthema der Liberalen - äußert sich inzwischen niemand mehr.

Gabriel sieht FDP-Ergebnis in Berlin aus Quittung für Europa-Skepsis

SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht den Absturz der FDP in Berlin als Quittung für die europakritischen Töne in der Schlussphase des liberalen Wahlkampfs. Das Ergebnis von nur 1,8 Prozent bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus zeige, „dass sich die Wähler nicht für dumm verkaufen lassen“, sagte Gabriel am Montag in Berlin. Es mache deutlich, „dass man mit platter Anti-Europa-Politik keine Wahlen gewinnen kann“. Die Partei von Philipp Rösler sei „ungefähr auf dem Niveau der Tierschutzpartei angekommen“, fügte der SPD-Chef hinzu. Das Ergebnis zeige, dass eine Partei mit einem Wahlkampf, „der Ängste instrumentalisiert“, in Deutschland nicht in Parlamente und Regierungen kommen könne.

Gabriel sagte mit Blick auf die Finanz- und Währungskrise, die Ängste der Menschen müssten ernst genommen werden. Die Hilfe für Griechenland sei keine Einbahnstraße, sondern das Land müsse die Sparauflagen erfüllen. Ansonsten könne Deutschland „nicht die Hand heben für weitere Kredite“. Der SPD-Vorsitzende forderte zugleich eine Finanztransaktionssteuer, „damit die Spekulanten mit für das bezahlen, was sie angerichtet haben“. Er bekräftigte, dass die SPD die anstehenden Abstimmungen zum Euro-Rettungsschirm mittragen werde.

Seine Partei könne zur Stabilisierung des Euro beitragen, „aber nicht dazu, dass die Regierung wieder stabiler wird“, sagte Gabriel an die Adresse von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Merkel „führt eine Regierung an, die gestern nochmals verloren hat“, sagte er. (afp/dapd)