Brüssel. . Günther Oettinger hat sich mal wieder unbeliebt gemacht. Er witzelte darüber, Flaggen von Schuldensündern auf halbmast wehen zu lassen. Die Parlamentarier in Brüssel fanden das eher weniger witzig..
Mit seiner Freude an lockeren Sprüchlein hat sich Günther Oettinger schon einst in der Heimat verschiedentlich in Schwierigkeiten gebracht. Jetzt hat der EU-Kommissar für das Energiewesen dank seiner losen Zunge erstmals großen Ärger am europäischen Arbeitsplatz.
Sein hemdsärmeliger Vorschlag, „die Flaggen von Schuldensündern vor den EU-Gebäuden auf halbmast zu setzen”, löste im Brüsseler Europaviertel wenig Heiterkeit und umso mehr Empörung aus. Abgeordnete des Europäischen Parlaments fordern von Oettinger eine Entschuldigung – oder seinen Rücktritt. Die EU-Kommission tut sich schwer, ihren Mann aus der Schusslinie zu bringen.
Hoher Abschreckungseffekt
Der Christdemokrat und frühere baden-württembergische Ministerpräsident hatte die – vermutlich nicht bierernst gemeinte – Schnapsidee kürzlich in einem Interview mit einer Boulevardzeitung unter die Leute gebracht. Nicht als seinen eigenen Vorschlag, wohl aber mit der wohlwollenden Erläuterung, der symbolische Halbmast könne „einen hohen Abschreckungseffekt” haben.
Mehr als 150 erboste EU-Abgeordnete, viele aus Ländern mit unerfreulichem Schuldenpegel, wetterten in einem offenen Brief an Oettingers Vorgesetzten, den Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso, gegen „die symbolische Demütigung europäischer Nationen”. Oettinger habe „das europäische Ideal” nicht verstanden und sei „somit nicht geeignet, ein europäischer Kommissar zu sein”. Auch das Presse-Echo in Brüssel ist anhaltend mies.
Maximale Distanz zur Fahnen-Option
So sahen sich beide Herren, Oettinger und Barroso, genötigt, auf maximale Distanz zur Fahnen-Option zu gehen. Der Vorschlag sei „wahrscheinlich irreführend”, heißt es offiziell, weder der Kommissar selbst noch gar die Kommission insgesamt mache sich derlei zu eigen. Das wird Barroso den aufgebrachten Parlamentariern auch noch schriftlich geben müssen.