Rückstände von Medikamenten gelangen ins Trinkwasser. Spezielle Filtertechnik wird nicht eingesetzt

Essen. Mit dem Abwasser von 2,3 Millionen Menschen hat es der Ruhrverband zu tun. Da kommt etwas zusammen. Entlang der Ruhr betreibt der Verband 73 Klärwerke, die das Abwasser dreistufig reinigen: mechanisch, biologisch und zum Schluss chemisch. Dann fließt es weiter ruhrabwärts.

Doch nicht alles bekommen die Klärwerke in den Griff. "Bei PFT, Antibiotika oder Hormonen haben wir keine Chance", sagt Markus Rüdel, Sprecher des Ruhrverbands. Solche Stoffe fließen bislang fast glatt durch.

Vor allem Arzneimittelrückstände machen es den Wasseraufbereitern schwer. In Flüssen - nicht in der Ruhr - haben Wissenschaftler bislang 80 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Manche männlichen Fische verweiblichen, machen eine regelrechte Geschlechtsumwandlung durch. Schuld ist "die Pille". Einige dieser Stoffe lassen sich in Kläranlagenabläufen sowie im Oberflächen-, Grund- und sogar im Trinkwasser wiederfinden, ergaben Analysen. Auch deshalb verlieren Antibiotika ihre Wirksamkeit.

Das Problem ist bekannt: Durch Ausscheidungen oder das "Entsorgen" von Medikamenten mittels Klospülung gelangen pharmazeutische Wirkstoffe ins Abwasser, mit denen Kläranlagen nicht fertig werden. Noch bedenklicher ist, was in Krankenhäusern anfällt. Im Abwasser von Kliniken, die Chemotherapie einsetzen, konzentrieren sich "erbgutschädigende und umweltbelastende Medikamentenrückstände", ermittelte das Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik (IUTA). Einige dieser biologisch nicht abbaubaren Substanzen "sind auch nach der Kläranlagenbehandlung in Konzentrationen nachweisbar, die mit Pflanzenschutzmitteln vergleichbar sind".

Das ließe sich vermeiden. Das Institut entwickelte eine Technologie (Oxidationsverfahren), die solche Rückstände zu über 90 Prozent abbaue. "Die Pilotanlage läuft bei uns im Keller", sagt Jochen Türk, Projektleiter am IUTA. "Die könnte man sofort einsetzen." Doch keine Klinik, keine Kläranlage verwende diese Technik. Ziel müsse es aber sein, so Türk, alle Kläranlagen so auszurüsten, dass diese Stoffe nicht in den Wasserkreislauf gelangen. Und die Kosten? Türk: "Das bleibt für den Verbraucher im Cent-Bereich."