Kairo. . Im Kampf gegen Terroristen töteten Israelis auf fünf ägyptische Polizisten – Israelische Grenzverletzung auf dem Sinai mit fünf Toten sorgt für landesweite Demonstrationen

Die Wut der Ägypter auf Israel ist im ganzen Land spürbar. In mehreren Städten von Alexandria über Kairo bis Beni Suef demonstrieren die Menschen seit Tagen – und verbrennen israelische Flaggen. Persönliche Gespräche und Fernseh-Diskussionen haben nur ein Thema. In Kairo kletterte ein Mann auf das 20-stöckige Hochhaus, in dem die israelische Botschaft untergebracht ist, und hisste die ägyptische anstelle der israelischen Fahne.

Seit drei Tagen schon sind tausende Menschen auf der Straße, weil Israelis am Donnerstag im Kampf mit Terroristen fünf Ägypter erschossen. Sie wollen auf der Straße bleiben, bis der israelische Botschafter ausgewiesen ist. Er wurde bereits zu Konsultationen des Außenministeriums nach Hause gerufen. Das gab es seit der zweiten palästinensischen Intifada vor zehn Jahren nicht mehr.

Die israelische Regierung hat zwar Bedauern über den Tod der fünf ägyptischen Sicherheitskräfte ausgesprochen. Doch das reicht er Regierung in Kairo nicht. Es sei ein positiver Schritt, würde der Tragweite der Ereignisse aber nicht gerecht. Gleichzeitig betonte die ägyptische Regierung, dass am Frieden mit Israel, der 1979 geschlossen wurde, nicht gerüttelt werde.

„Ägyptisches Blut ist zu wertvoll, dass es umsonst vergossen wird“, erklärte der ägyptische Regierungschef Essam Sharaf, die Grenzsicherheit liege in der Verantwortung beider Parteien und nicht einer allein. Mit diesen Äusserungen traf er den Nerv der ägyptischen Bevölkerung. Zu Zeiten Mubaraks wurden Manifestationen gegen die israelische Politik regelmäßig unterdrückt. Nach der Revolution des 25. Januar sind Militärführung und Übergangsregierung gezwungen, auch auf die Stimme des Volkes Rücksicht zu nehmen. Dabei wird nicht der Friede mit Israel an sich in Frage gestellt, aber die Ägypter wehren sich dagegen, dass ihre Führung die Besatzungspolitik unterstützt und für Israel den Polizisten spielt.

Im Vertrag von Camp David musste Ägypten auf dem Sinai eine Einschränkung der Souveränität hinnehmen. Entlang der Grenze dürfen nur 750 leicht bewaffnete Grenzsoldaten stationiert sein, die zum Beispiel keine Helikopter benützen dürfen. Für Israel gelten keine solchen Einschränkungen. Die Einschränkung der Souveränität ist nicht nur eine Wunde für die Ägypter. Militärexperten sehen darin auch einen wichtigen Grund für das Sicherheitsvakuum auf der Halbinsel. Sie werfen Israel vor, an dieser Situation nichts ändern zu wollen.

In seltener Einmütigkeit haben am Wochenende alle Parteien und führenden Politiker von der revolutionären Jugend bis zu den Muslimbrüdern Israel scharf verurteilt. Die Zeit, da solche Vorfälle einfach ignoriert würden, sei vorbei, erklärte Präsidentschaftskandidat Amr Moussa. Ein anderer Anwärter, Hesham al-Bastawisi verlangte, dass die Camp David Verträge neu ausgehandelt werden müssten.