Kiew. .

Die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko bleibt voraussichtlich mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Opposition ruft zu Protesten auf. Auch die EU kritisiert den Prozess gegen die Politikerin.

Das Kiewer Bezirksgericht des Stadtteils Petschersk hat am Montag die Freilassung von Julia Timoschenko abgelehnt. Die Anwälte der ukrainischen Oppositionsführerin und zweifachen Regierungschefin hatten am Wochenende eine Umwandlung der Untersuchungshaft in einen Hausarrest beantragt. „Sie hat die Strafprozessordnung systematisch verletzt und ist wiederholt zu spät vor Gericht erscheinen“, begründete Richter Rodion Kirijew den Beschluss, Timoschenkos Untersuchungshaft zu verlängern.

Diese kann nun mehrere Monate dauern, wie der Fall ihres damaligen Innenministers zeigt. Juri Lutsenko musste über sechs Monate auf seinen Prozessbeginn warten, nachdem er Ende 2010 ebenfalls wegen angeblichem Amtsmissbrauch und Korruption festgenommen worden war.

Immerhin musste Timoschenko am Montag nicht wie in solchen Fällen üblich in einem Metallkäfig eingesperrt vor dem Richter erscheinen. Noch am Freitag hatte sie ihren Anhängern vor dem Untersuchungsgefängnis einen Zettel zugesteckt, in dem sie versicherte, dass sie sich nicht brechen lassen würde und bestimmt keinen Selbstmord begehe. Timoschenko war am Freitag im Gerichtssaal festgenommen und unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ins Untersuchungsgefängnis überführt worden.

Dutzende von Regierungen, darunter auch Deutschland, protestierten gegen die Festnahme

Dutzende von Regierungen, darunter auch Deutschland und die USA, protestierten am Wochenende gegen die Festnahme und mahnten die Einhaltung der Menschenrechte in der Ukraine an. EU- Aussenpolitikchefin Catherine Ashton hatte die Ukraine bereits am Freitagabend dazu aufgefordert, die „gemeinsamen Werte“ hoch zu halten. Kiew handelt gegenwärtig ein Freihandels- und Assoziationsabkommen mit der EU aus. In der ukrainischen Regierung gibt man sich überzeugt, wirtschaftliche Reformen allein würden dazu genügen. Noch werden erst vereinzelt Rufe nach einer Einfrierung dieser bilaterale Gespräch laut – ein Druckmittel wären sie aber alleweil.

Zwischen dem Gerichtsgebäude und dem Untersuchungsgefängnis versammelten sich derweil am Montag auf dem zentralen Boulevard Chreschtschatik laut unterschiedlichen Angaben zwischen 500 und 5000 Demonstranten, um Timoschenkos Freilassung zu fordern. „Schande, Schande!“, skandierte die Menge. Sie standen rund 1000 Polizisten gegenüber, die in den frühen Morgenstunden abkommandiert worden waren, um ein kleines Protestzeltlager der Timoschenko-Anhänger einzukreisen. Gegen Mittag hatten auch die Blauen, die Anhänger des pro-russischen Staatspräsidenten Wiktor Janukowitsch, ihre Parteisoldaten auf den Chreschtschatik geschickt. Laut ukrainischen Agenturberichten kam es zu Gerangel zwischen den beiden Gruppen wie auch der Polizei.

Am Mittag veröffentlichten Spitzenpolitiker von zehn demokratischen Oppositionsparteien, darunter der bekannte einstige Aussenminister Boris Tarasjuk, eine gemeinsame Erklärung, in der sie das Volk zu Widerstand und Protesten aufrufen. „Das Regime will mit Repressionen und Verhaftungen eine Diktatur in der Ukraine einführen“, warnt das von ihnen gegründete „Komitee gegen die Diktatur“.