Essen. . Der Oslo-Attentäter lobt in seinem „Manifest“ die extrem rechten Parteien in Europa. Deren Chefs distanzieren sich von Anders Behring Breivik. Dennoch äußern einige Funktionäre offen Sympathien für den Massenmörder.

Das blutige Attentat in Norwegen macht die extreme Rechte in Europa nervös. Sie steht nun im Verdacht, Brandstifter zu sein und blinden Hass auf alles Fremde in die Köpfe zu tragen. Sämtliche Führer rechtspopulistischer Parteien distanzieren sich von dem Massenmörder. Sie nennen ihn einen wahnsinnigen Einzeltäter. Doch manche Funktionäre bekunden offen ihre Sympathie für Anders Behring Breivik.

Österreich

Die österreichische Rechte scheint auf Breivik besondere Anziehungskraft zu haben. 80 Mal kommt in seinem „Manifest“ das Wort „Austria“ vor. Die Zeitung „Kurier“ meldet, dass sich Breivik von einer Islam-Gegnerin inspirieren ließ, die der rechten FPÖ nahe stehe. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache weist jede Mitverantwortung zurück und drischt in einem ersten Reflex auf die sozialdemokratische SPÖ und die bürgerliche ÖVP ein: Die versuchten, aus der Tat eines „psychopathischen Killers“ innenpolitisches Kapital auf Kosten der FPÖ zu schlagen. Straches Stellvertreter Norbert Hofer sagte dieser Zeitung, „an der inhaltlichen Positionierung der FPÖ wird sich nichts ändern“. Hofer glaubt aber, dass die Partei über Wahlwerbung diskutieren müsse. Ein „Schäfchenplakat“, wie es die SVP einst in der Schweiz klebte, werde es in Österreich nicht geben.

Schweiz

Drei weiße Schäfchen (Schweizer) kicken ein schwarzes Schaf (Ausländer) aus dem Land. Diese Wahlwerbung der SVP wurde 2007 in aller Welt kritisiert. Das Plakat gibt es nicht mehr, aber wer die Homepage der stärksten politischen Kraft in der Schweiz anklickt, gelangt zur „Volksinitiative gegen Masseneinwanderung“: Schwarze Gestalten trampeln über eine Schweizer Fahne. Attentäter Breivik findet, die SVP sei eine „gute Partei“. Die SVP distanziert sich auf Nachfrage von dem „Irrsinnigen“. Das Attentat sei aber innerhalb der Partei kein Thema und deshalb kein Grund, etwas an der Politik der SVP zu ändern.

Niederlande

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders weist eine Mitverantwortung für die Anschläge zurück. Er nennt Anders Behring Breivik einen „Psychopathen“. Dass Breivik sich als Begründung für seine Tat „hinter dem Kampf gegen Islamisierung verschanzt“ habe, sei eine „Beleidigung für die weltweite Anti-Islambewegung“. Breivik soll vor seiner Tat im Internet Sympathien für Wilders’ Freiheitspartei (PVV) geäußert haben. Den Vorsitzenden hätte er gerne mal persönlich getroffen. Das mag daran liegen, dass Wilders den Koran mit „Mein Kampf“ verglichen hat. Ein Gericht sprach den Rechtspopulisten jüngst vom Vorwurf der An­stiftung zum Rassenhass frei. Muslimische Gruppen reagierten empört.

Frankreich

Ein Politiker der französischen Rechtspartei Front National (FN) hat den norwegischen Attentäter in einem Internet-Tagebuch offenbar gelobt. Ihm droht nun eine Anzeige wegen „Anstachelung zum Rassenhass“. In dem Tagebuch war zu lesen, Behring Breivik sei „ein Widerstandskämpfer, eine Ikone“, weil er „gegen die muslimische Invasion“ kämpfe. „Ich habe das nicht geschrieben“, beteuerte Coutela, der bei den Kantonalwahlen angetreten war. Er habe die Sätze im Internet gefunden und in seinen Blog gestellt, „um zu informieren“. Die FN-Vorsitzende Marine Le Pen, die politisch erfolgreicher ist als zuletzt ihr Vater Jean-Marie Le Pen, will ihre Partei nicht in der Nähe des Attentäters sehen. Sie forderte eine „gnadenlose Strafe“ für Breivik.

Italien

Zu einem Eklat führen die Äußerungen des italienischen Europaabgeordneten Mario Borghezio. Er hatte in einem Radiointerview gesagt, er finde die Aussagen des Attentäters Breivik, der 76 Menschen umgebracht hat, „gut und manchmal ausgezeichnet“. Roberto Calderoli, Minister und wie Borghezio, Mitglied der rechten Lega Nord, ist selbst für seine rechtsradikalen Äußerungen bekannt. Die Worte seines Parteikollegen gingen ihm dann aber doch zu weit. Er entschuldigte sich bei den Norwegern. Bisher habe man dem EU-Abgeordneten alles vergeben, diesmal sei er aber zu weit gegangen.

Norwegen

In besonders große Erklärungsnot geriet die fremdenfeindliche und nationalistische Fortschrittspartei in Norwegen, nachdem herauskam, dass Breivik bis 2006 dort Mitglied war und Führungsämter in der Jugendorganisation bekleidete. Das mache sie „noch trauriger“, erklärte Parteichefin Siv Jensen. Breivik trat aus, weil ihm die Haltung der Partei nicht radikal genug war. In einem Internet-Beitrag vor eineinhalb Jahren hatte der Attentäter die Fortschrittspartei, die seit 2005 die zweitgrößte Fraktion im norwegischen Parlament stellt, als „wahrhaft konservativ“ gelobt.

Finnland

Etwa eine Stunde vor dem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel schickte Anders Breivik sein 1500-Seiten-Pamphlet „2083 – eine europäische Unabhängigkeitserklärung“ per E-Mail an diverse Empfänger – auch an Parlamentsabgeordnete der rechtspopulistischen finnischen Partei „Die Wahren Finnen“. Deren Abgeordneter Jussi Halla-aho, für islamfeindliche Attacken berüchtigt, ließ prompt verlauten, das Dokument „über Umwege“ erhalten zu haben.

Schweden

Laut der in Stockholm ansässigen Expo-Stiftung, die rechtsextreme Aktivitäten überwacht, war Breivik seit 2009 bei einem schwedischen Neonazi-Internetforum angemeldet. Auf dem Internet-Portal ist ein breites Rechtsaußen-Spektrum vertreten, darunter auch Abgeordnete der rechten Schwedendemokraten.

Dänemark

Die Dänische Volkspartei machte in der Vergangenheit gerne durch groß angelegte islamfeindliche Medien-Kampagnen auf sich aufmerksam. Für Schlagzeilen auch außerhalb Dänemarks sorgten die EU-kritischen Populisten, als es ihnen gelang, an den Grenzen des Landes trotz Schengener Abkommen schärfere Kontrollen einzuführen.

Belgien

Auch die belgische Partei Vlaams Belang („Flämische Interessen“) verwahrt sich dagegen, mit dem Attentäter in Verbindung gebracht zu werden. In einer Erklärung auf ihrer Homepage schreibt die rechte Partei: „Dieser Junge hat von Nationalismus nichts begriffen.“