Berlin..
Zahl, Motivation und auch die Zusammenhänge vieler der rechtsextremen Szene zugeschriebenen Gewalttaten in Deutschland sind in den letzten Jahrzehnten nicht lückenlos aufgeklärt worden. Sie bleiben wohl auch auf Dauer im Dunkeln.
Vor allem bei der sogenannten „Alltagskriminalität“ haben es Gerichte schwer, Tätern, die stark alkoholisiert waren, eine rechtsextreme Gesinnung nachzuweisen. Der Tod des Bochumer Rentners Anton G. ist beispielhaft dafür. Am 14. Oktober 1997 wurde der 59-Jährige von mehreren Skinheads mit einem Stahlrohr niedergeschlagen. Drei Tage später erlag er seinen Verletzungen. Die Täter hatten vor ihrer Tat laut „Sieg Heil“ gerufen. Aber das Bochumer Landgericht berücksichtigte ihre „schwere Alkoholabhängigkeit“. Es verurteilte sie wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu geringen Haftstrafen – und schloss einen rechtsextremen Hintergrund aus.
So kommt es, dass nach den offiziellen Angaben der Bundesregierung seit 1990 47 Menschen bei Übergriffen von Neonazis gestorben sind, die Zeitungen „Die Zeit“ und „Tagesspiegel“ jedoch im Jahr 2010 nach langen Recherchen zum Ergebnis kamen, mindestens 137 Todesopfer hätten seit den Tagen der Einheit bei rechtsextremen Übergriffen ihr Leben verloren.
Komplette Fehlschläge
Die Anfang der 90er-Jahre weltweit bekannt gewordenen rechtsextremen Anschläge von Rostock-Lichtenhagen und von Solingen konnten zwar juristisch abgearbeitet werden – auch, wenn die Täter von Solingen längst wieder auf freiem Fuß sind. Nachträgliches Misstrauen in Fahndungsergebnisse oder komplette Fehlschläge anderswo sind aber aktenkundig. 30 Jahre nach dem Oktoberfest-Attentat vom 26. September 1980 steht immer noch die offizielle Version, der Attentäter und Neonazi Gundolf Köhler habe alleine gehandelt. Als er die in einem Papierkorb versteckte und mit Nägeln und 1,3 Kilo Sprengstoff gefüllt Bombe vor dem Haupteingang des Münchner Oktoberfests zündete, starben 13 Besucher. 211 wurden teils schwer verletzt.
1700 Zeugen wurden befragt, 100 Gutachten ausgearbeitet. Ergebnis damals: Köhler, der bei dem Anschlag selbst ums Leben kam, sei ein „sozial isolierter und verbitterter Einzelgänger“. Falsch, sagt der Autor Tobias von Heymann in seinem Buch „Die Oktoberfest-Bombe“. Der Anschlag von München sei politisch motiviert. Er sei von der damals bekannten Wehrsportgruppe Hoffmann vorbereitet worden. Auch die Bundesregierung ist heute nicht mehr so sicher. Die Vorgänge könnten „derzeit nicht verifiziert werden“, räumte sie in der Antwort auf eine Parlamentsanfrage ein.
Anschlag in Düsseldorf
War es ein rechtsextremer Anschlag? Die Frage ist auch elf Jahre nach dem Attentat im S-Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn offen. Am 27. Juli 2000 wurden zehn Menschen lebensgefährlich verletzt und ein Ungeborenes getötet, als ein Sprengsatz detonierte. Die Opfer waren eine Gruppe Einwanderer aus Osteuropa, die alle jüdischen Glaubens waren. Nie gab es ein Bekennerschreiben. Die „Ermittlungsakte Acker“ ist geschlossen.