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Medien-Experte Jeff Jarvis hat seinem Ärger über die US-Politik auf dem Kurznachrichtendienst Twitter Luft gemacht und damit einen Fluch-Flächenbrand angefacht: Zehntausende haben in den letzten Tagen ihr Parlament in Washington beschimpft.

Journalistik-Professor Jeff Jarvis saß beim Abendessen, sah die Nachrichten über die gescheiterten Haushaltsverhandlungen im US-Kongress und hatte, sagen wir mal, den Kaffee auf. So freundlich lässt sich das, was dann passierte, nicht weiter ausdrücken – wer’s so derb nicht mag, sollte lieber weglesen. „Hey, ihr Arschlöcher in Washington, das ist unser Land, unsere Wirtschaft, unser Geld. Hört auf, das zu versauen“, machte er seiner Wut auf der Kurznachrichten-Seite Twitter Luft. Dann wünschte Medienexperte Jarvis sich eine virtuellen Protestruf Richtung US-Hauptstadt – und erreichte, dass bislang mehr als 60.000 mal Menschen ihre Meinung kundgetan haben – mit dem so unfeinen wie unmissverständlichen Zusatz „Fuck you, Washington“.

Shitstorm nennt die Online-Gemeinde so was gern kurz und bündig – wer mir stinkt, der kriegt das um die Ohren gehauen. Und damit man ganz leicht sehen kann, wem das alles noch so stinkt, markiert man seine Nachricht bei Twitter mit einem Hashtag - #fuckyouwashington eben. Das haben in der Folge von Jarvis’ Ausbruch so schnell so viele Menschen getan, dass das Schimpfen auf Twitter zum Trend wurde – bis die Administratoren sauber machten. Schmutzige Wörter sind auf der Seite, zumindest in den Trending Topics, nicht gern gesehen.

Jeff Jarvis hört die „wahrhaftige Stimme des Volkes“

Jeff Jarvis bloggt zu Medienthemen - und erzählt auf Buzzmachine.com auch die Entstehung von #fuckyouwashington.
Jeff Jarvis bloggt zu Medienthemen - und erzählt auf Buzzmachine.com auch die Entstehung von #fuckyouwashington.

Jeff Jarvis weiß, wie Twitter funktioniert. Das hat er sich selbst und vielen anderen Medienleuten gerade noch mal deutlich bewiesen – auch wenn der Mann, der an der City University of New York Journalismus lehrt, ein Buch über Google geschrieben hat, als Web2.0-Experte gilt und auf Buzzmachine.com zu Medienthemen bloggt, ebenda erklärt, er habe nur mal seinen Ärger loswerden wollen.

„Es explodierte, wie ich das nie hätte vohersagen können“, so Jarvis, der zugibt, dass er den Fluch-Flächenbrand eine Zeit lang angefacht habe. Verblüfft und inspiriert sei er gewesen von den Reaktionen auf Twitter. Dort schelten Menschen die US-Politiker, weil ihnen Unternehmen mehr wert seien als Menschen. Weil sie „Schulden“ zu einem schmutzigen Wort und „Fuck“ zur angemessenen Antwort gemacht hätten Oder weil sie Soldaten sechs, sieben oder acht mal in Kriegseinsätze schickten, es aber für zu viel verlangt hielten, dass die reichsten Amerikaner mehr Steuern zahlen. Das virtuelle Brüllen sei natürlich keine Revolution, das sei ihm klar, erklärt Jarvis. Aber wenn er „die wahrhaftige Stimme des Volkes höre, erfülle ihn das mit Hoffnung.