Berlin. .

Wie brisant sind die gestohlenen Pläne für den Neubau der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Berlin? Darüber rätseln zurzeit die Geheimdienst-Experten der Parteien. Sie fordern eine schnelle und umfassende Aufklärung des Falls.

Die Innenexperten der Parteien rätseln über die Brisanz der offenbar abhandengekommenen Zeichnungen für den Neubau der BND-Zentrale in Berlin. Sie forderten am Dienstag eine rasche und umfassende Aufklärung des Falls und attestierten dem Geheimdienst einen Imageschaden. Unklar ist weiter, wer von dem Vorfall wann wusste. Die Linke behält sich eine parlamentarische Untersuchung vor.

Die Baupläne verschwanden nach „Focus“-Informationen bereits im vergangenen Jahr von dem streng überwachten Baustellengelände in Berlin. Nun wird befürchtet, dass es aus Sicherheitsgründen zu kostspieligen Umbauten kommen könnte. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Montag von einem „ernst zu nehmenden Vorgang“.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte vom Bundeskanzleramt Aufklärung und sprach im „Kölner Stadt-Anzeiger“ von einem „ganz gravierenden Vorgang“. Nun müsse geprüft werden, ob der Diebstahl für den BND ein Sicherheitsrisiko bedeute, ob Umplanungen nötig seien und was sie kosteten. Zu klären sei ferner, wann die Pläne abhandengekommen seien und wann das Kanzleramt als Aufsichtsbehörde davon erfahren habe. Bosbach rügte auch den BND: „Dass die nicht mal geheime Pläne sicher aufbewahren können, das ist schon beachtenswert.“ Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz befand in dem Blatt: „Der Sachverhalt muss aufgeklärt werden.“ Derlei Informationen gehörten „nicht auf den öffentlichen Markt“.

Der Linke-Rechtsexperte Wolfgang Neskovic sagte, sollte die Untersuchungskommission keine nachvollziehbaren Ergebnisse präsentieren, „müsste bei einem so schwerwiegenden Versagen des Bundesnachrichtendienstes auch an die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gedacht werden“. Neskovic, der Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium zur Überprüfung der Geheimdienste ist, forderte, der BND müsse dringend erklären, wann er vom Verlust der Baupläne erfahren habe und ob die Bundesregierung hierüber unverzüglich unterrichtet worden sei. Unklar sei auch, weshalb die Baupläne in Teilen nur als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft worden seien und nicht als „geheim“.

Papiere waren nicht als „geheim“ deklariert

Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann bezweifelt, dass die fraglichen Papiere besonders sensible Informationen beinhalteten und begründete dies eben damit, dass sie nicht als streng geheim eingestuft wurden. Zudem gab Hartmann, ebenfalls Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, in der „Berliner Morgenpost“ zu bedenken: „Bei einem Projekt von der Dimension, wie es der BND-Neubau ist, sind doch selbstverständlich zahlreiche Kopien von Bauplänen im Umlauf, im Grunde braucht jeder Polier auf der Baustelle ein Exemplar davon.“

Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland sagte der Zeitung: „Das BND-Gebäude wird ja zu einer Stadt in der Stadt mit all den geplanten Sicherheitsvorkehrungen. Da ist es natürlich peinlich, wenn ein Exemplar der Baupläne abhandenkommt. Dass deshalb aber gleich alles neu gebaut werden muss, wage ich zu bezweifeln.“ An Flughäfen sei auch bekannt, wo die Sicherheitsschleusen seien. Entscheidend sei aber, ob man durchkomme oder nicht.

Bauzeichnungen womöglich nicht so brisant

Auch der Parlamentarische SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann glaubt nicht an einen großen Schaden: „Ich teile die Einschätzung, dass der jetzt bekannt gewordene Vorfall keine weitreichende Folgen hat, da nur ein kleiner Teil des Neubauvorhabens mit geringer Sicherheitsstufe betroffen ist. Gleichwohl: So etwas darf nicht passieren.“

Nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ sind die Pläne für die Nordbebauung abhandengekommen. Dort befänden sich die Garage mit 600 Stellplätzen, die Heizung, die Warenannahme und die sogenannte Logistikzentrale mit einem Lager für Getränke und Platz für die Entsorgung von Essensresten. Ob die fraglichen Baupläne tatsächlich das „Herzstück“ der Anlage beträfen, sei zumindest umstritten. Die zeitweise bis zu 2.000 Arbeiter auf der Baustelle sind nach Informationen der Zeitung vorher auf Verlässlichkeit überprüft worden. Die Mitarbeiter sollen dem Bericht zufolge während der Arbeit nicht telefonieren und dürfen keine Fotos machen. Etwa hundert Kameras überwachten das Gelände. (dapd)