Berlin. . Der Bundestag beschließt höhere Diäten nach zuletzt fünf Nullrunden. Die Abgeordneten erhalten fast 600 Euro monatlich mehr. Doch der Unmut ist groß. Ein Überblick über die Zahlen.

Manchmal geht es in der Politik schnell. Die Erhöhung der Diäten haben die Abgeordneten binnen zwei Wochen in trockene Tücher gebracht. Der Bundestag diskutierte am 30. Juni, am heutigen Donnerstag (7. Juli) wurde das Gesetz beschlossen, am Freitag ist es im Bundesrat. Dann beginnt die Sommerpause – und Ruhe kehrt ein? So hoffen es die Abgeordneten. Sie können sich an keine Erhöhung erinnern, die „draußen im Land“ akzeptiert wurde. Alle Fakten, Zahlen und Hintergründe.

Wie stark steigen die Diäten?

Sie werden zum 1. Januar 2012 und ein Jahr später erneut um 292 Euro erhöht. Bisher verdient ein Abgeordneter 7668 Euro im Monat, 2013 dann 8252.

Ist es ein zu großer Schluck aus der Pulle?

Das hängt davon ab, wie man rechnet und wie man vergleicht. Isoliert betrachtet, sind es jeweils fast vier Prozent. Da es die einzigen Erhöhungen in dieser Legislaturperiode sind, machen die Fraktionen eine andere Rechnung auf. Von 2010 bis 2013 beträgt der jährliche Zuwachs nur 1,9 Prozent.

In der chemischen Industrie wurde ein Plus von 4,1 Prozent zum April 2011 vereinbart, im Baugewerbe waren es drei Prozent mehr, bei Volkswagen 3,1 Prozent. Aber die Rentner erhalten 0,99 Prozent! Daran erinnert die Linkspartei; ebenso wie an den erbitterten Streit um fünf Euro mehr für Hartz-IV-Empfänger.

Wie rechtfertigt sich der Bundestag?

Das Parlament kann die Sache nicht delegieren. Es muss selbst darüber befinden. So entschied es das Karlsruher Verfassungsgericht. Der Maßstab der Abgeordneten: Sie wollen so viel verdienen wie ein Bundesrichter oder wie ein hauptamtlicher Bürgermeister einer kleineren bis mittleren Stadt mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern. Das ist die Besoldungsgruppe B6/R6.

Tatsächlich werden sie auch nach dieser Erhöhung 2013 leicht hinterherhinken. Sie hatten in den letzten zehn Jahren fünf Nullrunden und finden keinen „Anschluss“ an die Richter.

Wie argumentieren die Abgeordneten?

Sie seien „ganz gewiss nicht überbezahlt“, meint Christian Lindner von der FDP. Eva Högl von der SPD empfindet die Erhöhung als „moderat“. Sie verweisen auf Zwölf-Stunden-Arbeitstage, auf Verantwortung und Unabhängigkeit. „Es ist sicher nicht richtig, wenn jemand nur deshalb in die Politik geht, um dort Geld zu verdienen“, so der Sozialdemokrat Thomas Oppermann. „Aber es kann auch nicht richtig sein, wenn nur diejenigen in die Politik gehen, die es sich leisten können.“

Wie stark ist der Unmut?

Groß, wie immer. Das Internetportal Abgeordnetenwatch führt fast 700 Antworten auf Fragen zu den Diäten auf. Die Parteien – auch die Zeitungen – bekommen Briefe/Mails mit Protesten. Die Abgeordneten ärgern sich. Jörg van Essen von der FDP erzählt: Früher als Oberstaatsanwalt habe er jedes Wochenende frei gehabt. In der Politik sei sein letztes freies Wochenende Anfang Februar gewesen, und erst als Abgeordneter „muss ich mich wegen meines üppigen Gehalts verteidigen“.

Bezahlen die Abgeordneten Steuern?

Sie versteuern ihre Diäten, aber zahlen keine Sozialbeiträge. Auf Pension erwerben sie allerdings (hohe) Ansprüche, die immer wieder kritisiert werden. Eine Kommission soll sie überprüfen.