Turin. . Bei heftigen Protesten gegen den Bau einer neuen Schnellbahn-Trasse sind in Norditalien 200 Polizisten verletzt worden. Laut Polizei hätten sich Anarchisten unter die Demonstranten gemischt. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Wutbürger, auch in Italien. Was in Deutschland Stuttgart 21, ist in der Region bei Turin der Bau einer neuen Hochgeschwindigkeits-Trasse. Zum zweiten Mal binnen weniger Tage kam es am Sonntag bei einer Demonstration gegen das Milliardenprojekt der Bahn zu heftigen Zusammenstößen zwischen Teilnehmern und Polizei. Mindestens 188 Beamte, mehrere Demonstranten und ein Bauarbeiter seien dabei verletzt worden, teilte die Polizei am Abend mit. Mindestens fünf Menschen wurden den Angaben zufolge festgenommen. Am vergangenen Montag waren fast 30 Menschen bei Zusammenstößen verletzt worden, darunter 25 Polizisten.
Steine und Feuerwerkskörper auf Polizisten geworfen
Rund 6000 Menschen demonstrierten am Sonntag zunächst friedlich an der Baustelle eines Tunnels für die Schnellstrecke im Val die Susa in der Nähe von Turin. Im Verlaufe des Protestes kam es dann an mehreren Stellen zu Zusammenstößen. Die Demonstranten warfen den Angaben zufolge Steine und Feuerwerkskörper auf die Beamten. Die Sicherheitskräfte setzten demnach Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen. Einigen Teilnehmern sei es gelungen, die Bauzäune zu überwinden, teilte die Polizei mit. Viele Demonstranten, die in die Zusammenstöße verwickelt gewesen seien, hätten den Protest für Gewalt ausgenutzt. Mehrere Teilnehmer seien aus dem Ausland angereist.
Demonstrationen gegen die Bahnstrecke hatten die Arbeiten bereits vor und nach den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin zeitweise zum Erliegen gebracht. Die jüngsten Proteste flammten auf, nachdem in Chiomonte ein neuer Bauabschnitt eröffnet wurde.
Protestler von Anarchisten bis Katholiken
Viele Anwohner zwischen Turin und der französischen Grenze sagen, die Bahnstrecke würde die Gegend ruinieren. Außerdem sind sie gegen die Bohrung eines geplanten Tunnels. Dabei würden möglicherweise schädliche Stoffe in die Atmosphäre gelangen, so ihre Befürchtungen.
Italiens Präsident Giorgio Napolitano verurteilte die Gewalt gegen die Sicherheitskräfte und erklärte, es werde nicht zugelassen, dass gewalttätige Teilnehmer die Proteste infiltrierten. Die Bewohner des Alpen-Tales wehren sich mit allem Nachdruck gegen das 15 Milliarden Euro teure Projekt, das aus ihrer Sicht der Umwelt schadet und die Landschaft verschandelt. Dabei werden sie zunehmend von überregionalen Gruppen unterstützt. Die Bandbreite reicht dabei von Anarchisten bis zu Katholiken. Die Trasse wird für eine Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Italien und Frankreich gebaut und zum Teil mit EU-Geld finanziert.(rtr/dapd)