Luxemburg. Die EU-Finanzminister setzen Im Tauziehen um die Rettung Griechenlands auf massiven Druck. Doch obwohl die Zeit drängt, ist das griechische Parlament über die nötigen Sparmaßnahmen weiterhin zerstritten.

Die Botschaft an die griechischen Parteien und Bürger ist klar: Wenn sich nicht alle zusammenreißen, die Zähne zusammenbeißen und den massiven Spar- und Wirtschaftsreform-Kurs der Regierung unterstützen, gibt es keine weiteren Notkredite. Was das bedeuten würde, wagte keiner der europäischen Finanzminister am Montag in Luxemburg auszusprechen.

Auch der sonst redselige Chef der Eurogruppe – der 17 EU-Länder mit dem Euro als Währung – war bei diesem Thema wortkarg. Jean-Claude Juncker antwortete auf die Frage, was passiere, wenn alle griechischen Parteien sich nicht rasch geschlossen hinter den Regierungskurs stellen: „Wenn nicht...“. Dann winkte er ab: „Diese Frage ist keine Frage.“ Denn Griechenland werde tun, was es zu tun habe.

Nur EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte gewohnt nüchtern: „Ein Bankrott ist noch viel schlimmer für Griechenland, und daher ist es im Interesse Griechenlands, jetzt auf das Sparpaket hinzuarbeiten und so eine Pleite zu vermeiden.“ Das liegt nicht nur im Interesse Griechenlands. Wird der südeuropäische Staat zahlungsunfähig, drohen schwere Turbulenzen in weiteren Ländern des Euro-Währungsraums und seiner Bankenbranche. Banken leihen Staaten Geld.

Parlament zerstritten

Trotz dieses Schreckensszenarios ist das griechische Parlament zerstritten. Dabei drängt die Zeit: Bis Ende Juni sollen die Abgeordneten zusätzliche Sparmaßnahmen der Regierung billigen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Griechenland weitere Notkredite über zwölf Milliarden Euro aus dem aktuellen Rettungspaket erhält. Ohne diese Milliarden droht Griechenland im Juli die Pleite.

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Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos weiß, wie ernst die Lage ist. Er beschwor in Luxemburg den „Selbsterhaltungstrieb“ Griechenlands. Dort protestieren viele Bürger seit längerem dagegen, dass Löhne im öffentlichen Dienst, Renten, Sozial- und Gesundheitsausgaben gesenkt werden.

Auch den geforderten Verkauf staatlichen Tafelsilbers goutieren viele Griechen nicht. Der Staat soll bis 2015 rund 50 Milliarden Euro erzielen, indem er Unternehmensbeteiligungen und andere Vermögenswerte verkauft. Am Montag streikten die Mitarbeiter im wichtigsten Stromkraftwerk des Lands. Sie sind gegen die geplante Privatisierung des Stromkonzerns DEH.

Rettungspaket reicht nicht

Doch auch wenn Griechenland privatisiert und spart wie geplant, reicht das aktuelle, 110 Milliarden Euro schwere Rettungspaket nicht aus. Es wurde im Mai 2010 geschnürt. Ungeachtet aller Nothilfe verharrt der Staat im Schuldensumpf, die Wirtschaft schwächelt, Besserung ist nicht in Sicht und auch keine Geldgeber, die den Griechen zu annehmbaren Bedingungen Geld leihen.

Daher müssten die europäischen Staaten und der Internationale Währungsfonds IWF Griechenland länger als gedacht Notkredite gewähren. Der IWF macht aber nur weiter mit, wenn Griechenland in den nächsten zwölf Monaten zahlungsfähig bleibt. Um das zu gewährleisten, müssen bis 3. Juli die Eckdaten eines zweiten Hilfspakets stehen.

Private Geldgeber

Die Risiken neuer Notkredite sollen dann nicht mehr nur Steuerzahler schultern, sondern – freiwillig – auch Geldverleiher wie Banken und Versicherer. Das setzten Deutschland und andere EU-Staaten durch. So könnten private Geldgeber bereit sein, griechische Staatsanleihen bis zu deren Fälligkeit zu halten und danach neue Schuldverschreibungen zu kaufen. Wie diese Gläubiger dazu gebracht werden sollen, das freiwillig zu machen, ist noch unklar.