Sanaa. . Nach der Ausreise von Präsident Ali Abdullah Saleh ist die Lage in Jemen weiterhin extrem instabil. Beobachter sehen das Land am Rande eines Bürgerkrieges. Berichte über sechs Tote bei weiteren Zwischenfällen in der Nacht zum Montag heizten die Spekulationen über ein drohendes Chaos an.

Drei Anhänger der Opposition wurden nach Angaben der Opposition im Hautpstadtteil Hassaba von Heckenschützen erschossen, in dem der einflussreiche Klanchef Scheich Sadek al Ahmar eine festungsartige Residenz hat. Drei weitere Menschen wurden an einem Kontrollposten am Sonntagabend erschossen.

Regierungstruppen haben das Viertel seit dem 23. Mai abgeriegelt, nachdem dort schwere Kämpfe begannen. Am Freitag war Saleh bei einem Raketentreffer zusammen mit anderen Regierungsvertretern verletzt worden. Er reiste daraufhin am Samstag auf Einladung des saudiarabischen Königs Abdullah mit einem Großteil seiner Familie nach Saudi-Arabien. Abdullah vermittelte am Samstag auch eine Waffenruhe. Am Sonntag wurden Saleh bei einer Operation in Riad erfolgreich Holzsplitter aus der Brust entfernt.

Saleh verweigert Rücktritt

Saleh weigerte sich dreimal, einen von internationalen Vermittlern vorgelegten Plan zur Lösung des seit drei Monaten andauernden Konflikts zu unterzeichnen, der seinen Rücktritt vorsieht. Auch vor seiner Abreise nach Saudi-Arabien hätten die Vermittler ihn zur schriftlichen Machtübergabe an Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi aufgefordert, teilte ein Oppositionssprecher mit. Saleh sei nur zu einer mündlichen Vereinbarung bereit gewesen.

Am Sonntag hatten tausende Anhänger der Opposition Salehs Abreise gefeiert. Der jemenitische stellvertretende Informationsminister Abdu al Dschanadi sagte, Saleh werde nach der medizinischen Behandlung zurückkehren und wieder seine Amtsgeschäfte übernehmen. Vertreter der Opposition und der Regierungspartei, die am Sonntagabend Verhandlungen über den von den USA unterstützten Plan von Nachbarstaaten aufnahmen, erwarten, dass Saleh zwei Wochen in Saudi-Arabien bleibt. Doch in welche Richtung sich die Dinge weiter entwickeln, schien am Montag völlig offen.

Jemens Vizepräsident: Saleh kehrt in wenigen Tagen zurück

Der jemenitische Staatschef Ali Abdallah Saleh will offenbar früher aus Saudi-Arabien in seine Heimat zurückkehren als angenommen. Saleh werde bereits "in den kommenden Tagen" nach Sanaa zurückkehren, sagte Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi am Montag nach Angaben der amtlichen jemenitischen Nachrichtenagentur Saba. "Seine Exzellenz erholt sich gut", fügte Hadi demnach vor Vertretern der Regierungspartei hinzu. Aus saudiarabischen Regierungskreisen war zuvor verlautet, Saleh werde nach zweiwöchiger Genesung in seine Heimat zurückkehren.

Vizepräsident Hadi muss laut Verfassung zwar die Amtsgeschäfte des Präsidenten übernehmen, solange dieser nicht im Land ist. Allerdings bezweifeln Experten, dass die Macht tatsächlich bei ihm liegt, weil zahlreiche Schlüsselpositionen im Machtapparat mit Familienmitgliedern Salehs besetzt sind. (dapd/afp)