Essen/Düsseldorf. . Beim Zentral-Abitur in NRW hat es weitere Pannen gegeben. Auch in der Leistungskursklausur gab es Unstimmigkeiten. Schulministerin Sylvia Löhrmann entschuldigt sich, stellt aber klar: „Keinem Schüler ist ein Nachteil entstanden.“

Die Pannenserie beim Zentral-Abitur in NRW reißt nicht ab. Offenbar haben sich nicht nur im Fach Mathematik diverse Fehler in die Aufgaben eingeschlichen, auch in der Leistungskursklausur Pädagogik finden Experten Unstimmigkeiten.

Die Pädagogikaufgabe soll missverständlich formuliert worden sein, sagen Fachlehrer. Schüler hätten nicht erkennen können, dass von ihnen eine Textanalyse mit dem Hinweis auf wissenschaftliche Theorien erwartet wurde.

Der Verband der Pädagogiklehrer bestätigt dies. „Die Aufgabe ist fehlerhaft“, sagte Verbandsvorsitzender Christoph Storck. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft spricht ebenfalls von „ärgerlichen Fehlern“, auch in den Fächern Deutsch und Sozialwissenschaften.

3000 Schüler schreiben Mathe-Klausur nochmal

Der Chef der Unabhängigen Kommission für das Zentralabitur, Wilfried Bos, weist die Kritik zurück: „Ich als Erziehungswissenschaftler halte die Aufgabenstellung in der Pädagogikklausur nicht für missverständlich. Die Fachkommission wird diese Vorwürfe aber prüfen.“

3000 Schüler haben nach der Panne im Fach Mathematik die Möglichkeit genutzt, die Klausur neu zu schreiben. „Ihnen ist kein Nachteil entstanden“, verteidigte sich NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) am Mittwoch im Schulausschuss, wo sie sich für die Mehrbelastung der Lehrer und Prüflinge entschuldigte.

Missverständnisse, Fehler, schwammige Formulierungen – Schüler werden dafür im Abitur mit Punktabzug bestraft. Doch im Zentralabitur 2011 sind offenbar viele Schüler selbst Opfer von missverständlich gestellten Aufgaben geworden.

Eine ganze Note schlechter

„Meine Schüler haben sich streng an die Aufgabenstellung in der Leistungskursklausur gehalten, aber sie haben die Frage dennoch nicht richtig beantworten können“, ärgert sich ein Pädagogik-Lehrer aus dem Ruhrgebiet. Es drohe der Verlust von bis zu zwölf Punkten, was etwa einer ganzen Note entspreche. Bei einer Schülerin stehe daher das ganze Abi auf dem Spiel, eine andere müsse nun um ihren Studienplatz bangen.

„Missverständnisse in den Aufgabenstellungen gibt es immer wieder“, weiß Uwe Lämmel, Gymnasial-Experte bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. 2011 habe es in Pädagogik, Sozialwissenschaften und Deutsch „ärgerliche Fehler“ gegeben. Die Zahl der Pannen könnte reduziert werden, wenn Lehrer für Sprachen, Geisteswissenschaften und Deutsch künftig, wie ihre Kollegen in Mathematik, schon vor der Abiprüfung und nicht zeitgleich mit den Schülern Einsicht in die Aufgaben bekämen. „Dann gäbe es die Chance, diese Fehler noch zu korrigieren“, sagt Lämmel.

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) kündigte nach den diversen Pannen an, alle Abläufe vor den Klausuren kritisch zu durchleuchten. Sie verteidigte die Unabhängige Kommission unter Leitung von Professor Wilfried Bos an der Uni Dortmund. Mit der jüngsten Panne im Vorfeld der Mathe-Nachschreibklausur, wo eine „10“ mit einer „15“ verwechselt worden war, habe das Gremium nichts zu tun. Dieser Fehler gehe auf „menschliches Versagen“ zurück, nicht auf fachliche Inkompetenz. „Insofern geht der Vorwurf, dass ich ohne Not an dieser teuren Lösung festhalte, ins Leere “, so Löhrmann.

Vertrag mit „Abi Tüv“ auf der Kippe

Nach Informationen der WAZ ist aber offen, ob der bis zum Abitur 2012 laufende Vertrag mit dem 500 000 Euro jährlich kostenden „Abi-Tüv“ verlängert wird. „Die halbe Million für die Kommission ist überflüssig“, so Linken-Abgeordnete Gunhild Böth.

Um das Abitur-Verfahren zu „optimieren“, will Löhrmann auch Rat aus anderen Bundesländern einholen. CDU-Schulexperte Michael Solf kritisierte die „peinlichen Pannen“ und forderte „mehr Demut“ von Löhrmann, die ihre Vorgängerin Barbara Sommer (CDU) nach gravierenden Fehlern beim Abitur selbst scharf attackiert hatte.

Die Landesschülervertretung bekräftigte gegenüber der WAZ ihre Forderung nach der Abschaffung des Zentralabiturs.