Kabul.. Nach dem Selbstmordanschlag von Talokan, bei dem zwei Bundeswehr-Soldaten starben, wachsen die Zweifel an Zuverlässigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte.

Zwei Bundeswehr-Soldaten und vier Afghanen sterben in Talokan, und um ein Haar wäre auch der deutsche Kommandeur des Regionalkommandos, General Markus Kneip, unter den Opfern des Selbstmordanschlags gewesen. Nach dem Attentat auf den afghanischen Polizeikommandeur Nord und den Polizeichef der Provinz Tachar wird Kneip im deutschen Camp Marmal in Masar-i-Scharif an seinen Schrapnell-Verletzungen im Gesicht und an den Armen behandelt. Es gehe ihm nach Angaben der Bundeswehr „den Umständen entsprechend gut“.

Die Leichname der getöteten Soldaten, ein 43-jähriger Major aus Rheinland-Pfalz und ein 31 Jahre alter Hauptfeldwebel aus Niedersachsen, sollen heute nach Deutschland gebracht werden. „Ich habe jeden Tag mit diesen wunderbaren Menschen zusammengearbeitet, ich denke an sie und ihre Familien“, sagte Kneip der Bild-Zeitung.

Über den Zustand einer schwer verletzten Soldatin konnte die Bundeswehr am Sonntag keine Angaben machen. Seit 2002 starben in Afghanistan 33 Bundeswehrangehörige.

Täter wartet geduldig auf seinen M oment

Der Anschlag ereignete sich im Sitz des Provinzgouverneurs Abdul Jabar Taqwa, der dabei ebenso wie zwölf weitere Menschen verletzt wurde. Nun steht die Frage im Raum, wie es den Taliban gelingen konnte, einen Attentäter in den Sicherheitsbereich einzuschleusen. Nach den vorliegenden Informationen hatte sich der Selbstmordattentäter in Polizeiuniform als einer der Leibwächter in das Gebäude geschmuggelt. Sie waren als Begleitschutz der Nato-Delegation und afghanischen Behördenvertretern im Gouverneurspalast von Talokan eingesetzt. Geduldig wartete der Täter im Kreis der deutschen und afghanischen Sicherheitsleute, bis die Konferenz im ersten Stock des Gebäudes beendet war und der Polizeichef den Saal verließ.

Talokan ist die Hauptstadt der Provinz Takhar, die bis vor einigen Jahren als relativ ruhig galt. Doch seit 2008 spitzt sich die Lage zu. 2009 schloss die Deutsche Welthungerhilfe deshalb ihr Büro in der Region und übergab ihre Projekte an andere Hilfsorganisationen.

Der Tod der Bundeswehrsoldaten wiegt schwer, da die meisten am Hindukusch stationierten Nato-Truppen angesichts des geplanten Abzugs 2014 alles unternehmen, um eigene Verluste zu vermeiden. Im Norden Afghanistans sorgte nur der massive Einsatz von US-Special Forces für erhebliche Verluste bei den Taliban. Doch die Milizen schlagen zurück. So ermordeten sie kürzlich den Gouverneur und den Polizeichef von Kunduz.

Neue Zweifel geweckt

Die Informationen über das Attentat wecken neue Zweifel an der Zuverlässigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte, die gegenwärtig im Schnellverfahren auf den Tag das Abzugs ausländischer Truppen vorbereitet werden. Im vergangenen Monat versuchte ein im Verteidigungsministerium eingeschleuster Taliban-Kämpfer vergeblich, den Minister der Behörde zu ermorden.

Afghanische Soldaten und Polizisten töten zudem immer wieder ausländische Kollegen, die sie ausbilden sollen. Und beim Sturm auf ein UN-Gebäude in der Stadt Mazar-i-Scharif waren nicht nur die lokalen Sicherheitskräfte überfordert. Als drei Rädelsführer wurden ehemalige Talibankämpfer identifiziert, die sich dem von Deutschland und anderen Nationen finanzierten Reintegrationsprogramm angeschlossen hatten.