Rafah. . Nach vierjähriger Blockade hat Ägypten dauerhaft die Grenze zum Gazastreifen geöffnet. Der Schritt bringt der palästinensischen Bevölkerung eine lang ersehnte Erleichterung ihres Alltags. Sie gilt auch als bedeutende Errungenschaft für die Hamas-Führung.
Nach vierjähriger Blockade hat Ägypten am Samstag dauerhaft die Grenze zum Gazastreifen geöffnet. Der erste Bus mit Passagieren aus dem palästinensischen Territorium überquerte den Grenzübergang Rafah am Morgen, im Laufe des Tages sollten bis zu 900 Menschen die Grenze passieren.
Der Schritt, die meisten Reisebeschränkungen für die 1,5 Millionen Bewohner des Gazastreifens zu lockern, bringt der palästinensischen Bevölkerung eine lang ersehnte Erleichterung ihres Alltagslebens. Sie gilt auch als bedeutende Errungenschaft für die Hamas-Führung.
Doch in Israel wächst die Sorge, dass es nun einfacher für Aufständische wird, in den und aus dem Gazastreifen zu kommen. Auch die USA äußerten die Befürchtung, dass die Hamas die Öffnung nutzen könnte, um Waffen in den Gazastreifen zu bringen. Die ägyptischen Behörden erklärten jedoch, dass Personen beim Grenzübergang genau auf Waffen kontrolliert werden.
Dem israelischen Militär zufolge hatten Aufständische in der Nacht eine Mörsergranate aus dem Gazastreifen in den Süden Israels geworfen. Die Soldaten hätten nicht reagiert, Verletzte habe es nicht gegeben, hieß es.
Der Grenzübergang Rafah, der einzige nicht von Israel kontrollierte Kontrollposten zum Gazastreifen, war in den vergangenen Monaten nur eingeschränkt passierbar. Auch durften nur bestimmte Gruppen passieren, unter anderen Studenten, Geschäftsleute und Patienten, die zu einer medizinischen Behandlung nach Ägypten wollten. Oft war der Grenzübergang auch ganz geschlossen.
Reisebeschränkungen größtenteils aufgehoben
Unter dem neuen System sind die meisten Reisebeschränkungen aufgehoben. Täglich sollen aber nicht mehr als etwa 300 Menschen den Grenzübergang passieren dürfen, hieß es von palästinensischer Seite. Nur am Samstag sollten etwa 900 Menschen abgefertigt werden, damit die Menschen nicht zu lange auf eine Ausreise warten müssen.
Trotz der Aufhebung der Reiseeinschränkungen gibt es aber weiterhin bürokratische Hürden. Männer zwischen 18 und 40 Jahren müssen ägyptische Visa beantragen, was Wochen dauern kann. Frauen, Kinder und ältere Männer erhalten Ausreisegenehmigungen, die innerhalb einiger Tage ausgestellt werden.
Ägypten und Israel haben seit 2007 an der Blockade des Gazastreifens festgehalten, um die Hamas nach der gewaltsamen Einnahme des Territoriums zu schwächen. Doch nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Februar hatte sich der ägyptische Militärrat zur Lockerung der Blockade entschlossen.
„Grundstein für neue Ära“
Nach zwei Stunden hätten bereits 175 Personen die Grenze nach Ägypten überquert, sagte Hatem Awideh von der Grenzbehörde der Hamas. „Heute wird der Grundstein für eine neue Ära gelegt, der hoffentlich den Weg für bereiten wird, die Belagerung und Blockade des Gazastreifens zu beenden“, erklärte Awideh.
Unter den ersten, die nach Ägypten kamen, war der 28-jährige Student Chaled Halaweh, der einen Masterstudiengang für Ingenieurswesen an der Universität von Alexandria belegen will. Er habe den Gazastreifen seit sieben Jahren nicht mehr verlassen, sagte er. Eine Frau namens Aisha erklärte, sie müsse zu dringenden Kontrolluntersuchungen in ein Krankenhaus in Kairo. Weil einer ihrer Verwandten, der einen Schmugglertunnel an der Grenze betrieben hatte, erwischt und dabei getötet worden war, wurde ihr die Ausreise nach ihrer Operation im vergangenen Oktober bisher verwehrt, wie sie sagte. In der Vergangenheit waren immer wieder Personen beim Grenzübergang von den ägyptischen Behörden zurückgeschickt worden, weil sie auf einer schwarzen Liste standen. (ap)