Brüssel/Madrid/Essen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit ihren Bemerkungen über angeblich zu frühe Renten und zu lange Urlaube der Südeuropäer Empörung ausgelöst.

„Frau Merkels Bemerkungen sind eine Provokation, beleidigend, unbegründet und demagogisch gegenüber Ländern, die mit einer sehr schweren Wirtschaftskrise zu kämpfen haben“, sagte die portugiesische Europa-Abgeordnete Elisa Ferreira.

„Skandalös und realitätsfern“ nannte der spanische Abgeordnete Alejandro Cercas die Äußerungen – „anstatt uns zu helfen, wirft sie uns Knüppel zwischen die Beine“.

Sein griechischer Kollege Michalis Tremopoulos sieht die europäische Zusammenarbeit bedroht. „Was wir brauchen, ist ein Europa, das Solidarität und Verantwortung ins Gleichgewicht bringt“, sagte er – stellte aber fest, dass Merkel dieser Vision den Rücken gekehrt habe.

Von „Berlusconisierung“ und „Demagogie“ schrieben am Donnerstag Zeitungskommentatoren in Spanien, Leserbrief-Schreiber forderten eine Entschuldigung von Merkel.

In Griechenland sah es der Außenminister an der Zeit, sein Volk in Schutz zu nehmen. „Das griechische Volk hat unkonstruktive Bemerkungen und Ratschläge nicht verdient“, sagte Dimitris Droutsas – ohne die Kanzlerin beim Namen zu nennen.

Merkel hatte bei einer CDU-Veranstaltung in Meschede gesagt, dass man „in Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien und anderen nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland“. Das gleiche gelte beim Urlaub: „Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig.“ Berlin werde nur dann helfen, wenn „die andern sich auch wirklich anstrengen“.

Oppositionspolitiker kritisierten die Kanzlerin scharf, Unterstützung bekam sie vom Bund der Steuerzahler, der allerdings klagte, die Forderungen gingen nicht weit genug.

Merkel-Biograf Gerd Langguth erklärte die Äußerungen mit dem Versuch der Kanzlerin, die komplizierte Forderung nach Angleichung der Wirtschaftssysteme verständlich zu machen – aber auch mit ihrer schwindenden Europabegeisterung.