Düsseldorf. Neuwahlen? Welche Neuwahlen? Am Tag vor der Verabschiedung des Haushalts 2011 war für CDU und SPD der Zeitpunkt gekommen, den Rückzug anzutreten. Obwohl die CDU-Fraktion erneut Verfassungsklage gegen den Etat einreichen wird, verzichtet sie auf den Neuwahl-Antrag, den Landeschef Norbert Röttgen mehrfach angekündigt hatte.
Neuwahlen? Welche Neuwahlen? Am Tag vor der Verabschiedung des Haushalts 2011 am Mittwoch im Landtag war für CDU und SPD der Zeitpunkt gekommen, den Rückzug anzutreten. Obwohl die CDU-Fraktion erneut Verfassungsklage gegen den Etat einreichen wird, verzichtet sie auf den Neuwahl-Antrag, den Landeschef Norbert Röttgen mehrfach angekündigt hatte. Und auch SPD-Fraktionschef Norbert Römer sah sich veranlasst, seine Drohungen neu zu interpretieren.
Römer selbst war es, der mitten im Karneval die Debatte um eine vorzeitige Auflösung des Landtags losgetreten hatte. „Wenn die CDU weiter die verfassungsrechtliche Auseinandersetzung sucht, werden wir die Wähler befragen“, sagte er damals klipp und klar – nicht unbedingt zur Erbauung der Ministerpräsidentin, die gerade zu ihrem ersten Auslandsbesuch nach Israel aufbrach. Gestern, als das strittige Thema abgeräumt war, wirkte Hannelore Kraft entspannt: „Wir arbeiten konstant weiter an der guten Politik für Nordrhein-Westfalen.“ Was man eben so sagt.
"Druck im Kessel halten"
CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann hingegen will mit der Klage „den Druck im Kessel halten“. Da Rot-Grün die Verfassungsgrenze im Haushalt 2011 trotz sprudelnder Steuern um 900 Millionen Euro überschreitet, wagt die CDU den erneuten Gang nach Münster. Halbherzig verzichtet die Union aber auf eine Einstweilige Anordnung gegen den Vollzug des Haushalts. „Bei einer Anordnung würde das Damoklesschwert über vielen Investitionen hängen“, erklärte Christian Weisbrich.
Laumann sieht „zu geringe Chancen“ für die Verfügung. „Der Fraktionschef ist kein Zocker“, bekundete er. Auch sei es ein „Gebot der Klugheit“, angesichts der politischen Großwetterlage nach Fukushima nicht auf Neuwahlen zu setzen. Landespolitische Themen würden derzeit völlig überlagert.
Kein Automatismus
Dass die CDU trotz ihrer Klage - anders als beim Nachtragshaushalt - diesmal keine Einstweilige Anordnung beim Gericht beantragt, diente auch Römer als Notausgang aus der Falle, in die er sich manövriert hatte. Damit, so der Tenor während der 100-minütigen Debatte in der SPD-Fraktion, sei der Handlungsspielraum der Regierung nicht beeinträchtigt, und deshalb gebe es auch „keinen Automatismus“ für Neuwahlen. Nicht ein einziger der rund 25 Redner in der Sitzung mochte noch für einen vorgezogenen Urnengang plädieren. In der CDU war das Thema „Neuwahlen“ erst gar keines mehr. Auch von Parteichef Röttgen war dazu gestern nichts mehr zu hören.
Mit den Grünen, die - beflügelt durch hohe Umfragewerte - als einzige Fraktion nichts gegen Neuwahlen hätten, stimmte sich die SPD eng ab. Fraktionschef Reiner Priggen ging schnell zur Tagesordnung über. „Die CDU ist erkennbar nicht bereit, die Regierung abzulösen“, sagte er, „also machen wir unsere Arbeit weiter.“
Stumpfes Schwert
FDP-Fraktionschef Gerhard Papke will diesmal selbst bei der Verfassungsklage nicht mitziehen. Trotz aller Kritik am rot-grünen Schuldenkurs zweifelt er an einem erneuten Erfolg in Münster. Schließlich habe Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) diesmal auf eine kreditfinanzierte Rücklage („Sparstrumpf“) verzichtet. Zudem sei eine Klage ohne Einstweilige Anordnung ein „stumpfes Schwert, mit dem man keinen Krieg gewinnen kann“.
Laumann hofft nun, dass die Verfassungsrichter noch in diesem Jahr über die Klage der CDU entscheiden werden. Dann ist der Haushalt 2011 allerdings längst in Kraft.