London. . Queen Elizabeth reist am heutigen Dienstag nach Irland. Es ist ein historischer Moment. Denn seit 100 Jahren hat kein britischer Monarch mehr irischen Boden betreten wollen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind immens.

Sie hat in ihrer Amtszeit mehr als 120 Nationen in aller Welt besucht, aber nie ihren direkten Nachbarn Irland: Heute trifft die Queen nun zu einer dreitägigen Visite in Dublin ein und könnte damit die lange Eiszeit zwischen beiden Ländern beenden. Vor dem historischen Moment halten sich große Erwartungen und Kontroverse die Waage, während 8000 Polizisten die größte Sicherheitsoperation in der Geschichte Irlands stemmen.

Wird sie sich entschuldigen, Reden halten oder schweigen? Mit Spannung wird dieser erste Besuch einer britischen Monarchin in der Republik Irland überhaupt erwartet. Ihr Reiseprogramm ist mutig: Dienstag legt sie einen Kranz im Dubliner „Garten der Erinnerung“ ab, dem Ort, wo Irland jener gedenkt, die im Kampf gegen die britische Besatzung ihr Leben verloren haben. Mittwoch trifft die 85-Jährige in Croke Park ein. Das Dubliner Sportstadion gilt seit 1920 als blutigster Schauplatz des irischen Freiheitskampfes: Britische Soldaten metzelten hier aus Vergeltung 14 Zivilisten nieder.

England wichtiger Handelspartner

Doch in dem historisch angespannten Verhältnis zwischen Iren und Königshaus soll nun ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Seit 1911, also exakt 100 Jahren, hat kein britischer Monarch mehr irischen Boden betreten wollen. „Wir müssen die Wunden der Vergangenheit jedoch heilen und eine Zukunft bauen“, betont Irlands Ministerpräsident Enda Kenny. Andere führende Politiker hingegen kritisierten seine Einschätzung, Irland sei „politischer reifer“ geworden, als herablassend und bevormundend. Mary McAleese, Irlands Präsidentin und Initiatorin des Besuchs, spricht indes von einem „außergewöhnlichen, historischen Moment.“

Tourismus und Wirtschaft mögen sich längst über die Ressentiments zwischen Palast und irischen Hardlinern hinweggesetzt haben. Immerhin exportieren britische Firmen nach Angaben des Außenministeriums mehr Waren und Dienstleistungen nach Irland als nach China, Indien, Brasilien und Russland zusammengenommen. Von Premier David Cameron haben die Iren außerdem überraschend eine Milliardenspritze gegen ihre Bankenkrise geschenkt bekommen.

Hassobjekt Krone

Ungeachtet des wirtschaftlichen Tauwetters sitzt die Abneigung der Nachbarn seit Queen Victoria, in Irland als „Königin des Hungers“ bezeichnet, tief. Ihre Regentschaft beförderte die schwersten Hungersnöte Europas; Millionen Iren flohen ins Ausland oder kamen um. Die Krone - und damit der Staat - wurde zum Hassobjekt. Mordversuche gegen Queen Victoria scheiterten, doch die Vernachlässigung und Ausbeutung durch die Krone heizte die Unabhängigkeitsbestrebungen der Iren unaufhaltsam an. 1949 erklärte Irland sich zur Republik. Drei Dekaden der Gewalt folgten, 3600 Menschen starben im Konflikt mit Nordirland.

Nicht nur auf der Grünen Insel sieht man dem Besuch der Queen deshalb mit gemischten Gefühlen entgegen; auch die Monarchin selbst dürfte eine gewisse Unruhe ob der vergifteten Vergangenheit spüren. Die Fernseh-Übertragung ihrer Krönung 1953 wurde in Irland verboten; 1979 kam Louis Mountbatten, Onkel ihres Ehemannes Phillip und hoch geschätzter Familienvertrauter, bei einem IRA-Terroranschlag ums Leben.

Massive Sicherheitsbedenken gibt es auch in dieser Woche. Über 8000 Polizisten sind im Einsatz. Nachdem IRA-Splittergruppen mit Anschlägen gedroht haben, hat man der Queen zugestanden, britische Soldaten als Personenschützer mitzubringen - eine Geste der Versöhnlichkeit, die angesichts kritischer Stimmen vor ihrem Besuch kaum zu überschätzen ist. Über 5000 Gullydeckel sind in Dublin in den letzten Tagen doppelt kontrolliert worden; die Hauptstadt hat bereits ein Parkverbot in 50 Straßen verhängt. Ab Dienstag wird Dublin komplett abgeriegelt.

Irische Polizei entdeckt Bombe in Bus

Unmittelbar vor dem historischen Besuch hat die Polizei eine funktionsfähige Bombe gefunden. Der Sprengsatz wurde am Montagabend in einem Bus in Maynooth in der Nähe von Dublin entdeckt und entschärft, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Zuvor war demnach ein anonymer Anruf bei der Polizei eingegangen. Eine zweite Bombendrohung am Dienstag erwies sich den Angaben zufolge als falsch. (Mit Material von afp)