Düsseldorf. . Der Streit über Atommüllkugeln aus dem Ex-Forschungsreaktor Jülich hat ein Nachspiel im NRW-Landtag. Die Fraktionen von CDU und FDP beschlossen, dass ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Klärung des Falls eingerichtet werden soll.

Im NRW-Landtag greifen Regierung und Opposition zum „schärfsten Schwert“ der parlamentarischen Auseinandersetzung. SPD, Grüne und Linke vereinbarten am Dienstag einen Untersuchungsausschuss zur Korruptionsaffäre beim NRW-Baubetrieb und nahmen damit die schwarz-gelbe Vorgängerregierung ins Visier. CDU und FDP wollen einen Untersuchungsausschuss zu den Atomkugeln aus Jülich.

Die Einsetzung der Untersuchungsausschüsse soll in der kommenden Plenarwoche formell im Landtag beschlossen werden. Die Zustimmung gilt jeweils als sicher, da nur 20 Prozent der Abgeordneten für ein solches Gremium stimmen müssen.

Start noch vor Sommerpause?

Den „U-Ausschuss“ zu den Atommüllkugeln aus dem Ex-Forschungsreaktor Jülich begründeten Christ- und Freidemokraten mit dem angeblich mangelhaften Aufklärungswillen der Regierung. Es sei ein „Skandal“, dass Rot-Grün wider besseres Wissen eine „Angstkampagne“ gestartet habe, sagte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann kündigte an, im Untersuchungsausschuss die Rolle der Staatskanzlei klären zu wollen. Noch vor der Sommerpause soll der Ausschuss starten.

Anfang April war eine Debatte wegen unstimmiger Angaben des Forschungszentrums Jülich über die auf dem Gelände gelagerten Brennelemente aufgekommen. Dabei geht es um den Verbleib von 2.285 Brennelementekugeln aus Jülich. Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) teilte mit, sie könnten möglicherweise im Atommülllager Asse in Niedersachsen eingelagert worden sein. Der Bund widersprach dieser Darstellung. Unklar ist die genaue Zahl der Kugeln, nicht aber die Menge des nuklearen Materials.

Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen kritisierte, „Laumanns und Papkes Ladenhüterausschuss“ werde sich als „Rohrkrepierer erweisen“. Es seien doch bereits alle Fakten über den Kugelstreit bekannt.

Untersuchungsausschuss zur Korruptionsaffäre beim NRW-Baubetrieb

Die Affäre um den nordrhein-westfälischen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) wird ebenfalls einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach sich ziehen. Die Fraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei verständigten sich am Dienstag auf einen gemeinsamen Antrag zur Einrichtung eines solchen Gremiums. CDU und FDP wollen den Fall ebenfalls aufklären, streben jedoch an, nicht nur die schwarz-gelbe Regierungszeit zu untersuchen.

„Wir sind gemeinsam der Auffassung, dass die skandalösen Vorgänge rund um den BLB parlamentarisch lückenlos aufgeklärt werden müssen“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden der drei den Antrag stellenden Parteien, Norbert Römer (SPD), Priggen (Grüne) sowie Bärbel Beuermann und Wolfgang Zimmermann (beide Linke).

Im Mittelpunkt der Untersuchungen sollen vier Projekte stehen: der Neubau des Landesarchivs in Duisburg, der Erweiterungsbau des Polizeipräsidiums Köln-Kalk, die Fachhochschule Köln und das Schloss Kellenberg. Die Antragsteller gehen davon aus, dass dem Land bei diesen Vorhaben durch Korruption und Untreue Millionenschäden entstanden sind.

Prominente Zeugen wahrscheinlich

In beiden Affären könnte es im NRW-Landtag zur Befragung prominenter Zeugen kommen. Beim BLB-Skandal ist es wahrscheinlich, dass SPD, Grüne und Linke den früheren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) in den Zeugenstand rufen. Im Atomkugelstreit müssen etwa Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) mit einer Befragung rechnen.

Es wären die ersten beiden Untersuchungsausschüsse in dieser Legislaturperiode. Nachdem die Debatte über Neuwahlen in NRW abgeklungen ist, konzentrieren sich die Fraktionen nun ganz offenbar auf den Kleinkrieg in der parlamentarischen Arena. (dapd)