Berlin. . Wie der designierte FDP-Vorsitzende kurz vor dem Rostocker Parteitag die Liberalen neu aufstellen will.

Laut Plan sollte Birgit Homburger gestern Mittag im Reichstag Bilanz ziehen. Seit Sonntag saßen die 93 Abgeordneten der FDP im Bundestag zusammen, um über die Energiewende und andere wichtige Sachthemen zu beraten. Doch der Plan war schon bald hinfällig.

Denn die Klausurtagung wurde von einer Machtfrage überschattet: Bleibt die 46-jährige Homburger an der Spitze der Fraktion – oder wagt sich ein Gegenkandidat für die Neuwahl der Fraktionsspitze heute aus der Deckung? Der Umstand, dass die Presse­konferenz zuerst verschoben, dann ganz abgesagt wurde, ließ darauf schließen, dass der Gesprächsbedarf hinter verschlossenen Türen enorm gewesen sein muss.

Umso ernüchternder fiel zunächst das Ergebnis aus. Weder hatte Homburger bis zum Abend zu erkennen gegeben, ob sie erneut antritt. Noch hatte sich ein Konkurrent zu Wort gemeldet. Was vor allem Philipp Rösler in Zugzwang brachte. Der designierte Nachfolger von Parteichef Guido Westerwelle hat hohes Interesse, den wichtigen Mosaikstein Fraktionsspitze rechtzeitig so zu setzen, dass auf dem ­Bundesparteitag ab Freitag in Rostock das Gesamtbild Erneuerung verheißt. Homburger gilt intern als sehr ­tüchtig, aber überfordert. Das Gegenteil von Erneuerung.

„Auf einen Schlag hätten wir viele Probleme gelöst“

Mehrfach versuchte Rösler Homburger sanft zur Aufgabe zu bewegen. Vergeblich. Um den Druck zu erhöhen, streuten Rösler-Getreue, dass der neue Parteichef vor der heu­tigen Fraktionssitzung selbst einen Personalvorschlag machen werde: Wirtschafts­minister Rainer Brüderle soll Homburger ablösen und die neue FDP-Speerspitze im ­Parlament werden.

Das Kalkül: Rösler könnte das Gesundheitsministerium an seinen Staatssekretär, den NRW-FDP-Chef und designierten Bundes-Vize Daniel Bahr abtreten – und selbst Wirtschaftsminister werden. Auch das Gerangel um die Detailfrage, ob Brüderle ­Bundes-Vize bleiben soll, wäre damit beendet. „Auf einen Schlag hätten wir viele Probleme gelöst“, sagte ein Frak­tionsoberer. Vorübergehend blieb offen, ob Brüderle, dessen politischer Lebenstraum immer der Wirtschaftsminister war, der Idee etwas abgewinnen konnte.

Als durchsickerte, dass Birgit Homburger sich schließlich doch die Kandidatur hatte ausreden lassen, hieß es aus FDP-Kabinettskreisen: „Die Sache ist so gut wie durch. Brüderle wird es machen.“ Offizielle Bestätigungen auf die Fragen um den Machtkampf in der FDP blieben allerdings zunächst aus.