Essen. . Der Selbstmord von Gunter Sachs ist nicht nur tragisch, sondern ein Phänomen unserer Zeit: Gerade über 60-Jährige nehmen sich häufig das Leben, auch aus Angst vor schweren Krankheiten, aus Furcht, das Leben nicht mehr zu bewältigen
Der Selbstmord von Gunter Sachs ist nicht nur tragisch, sondern ein Phänomen unserer Zeit: Gerade über 60-Jährige nehmen sich häufig das Leben, auch aus Angst vor schweren Krankheiten, aus Furcht, das Leben nicht mehr zu bewältigen. „Der Suizid hat sich ins Alter verschoben“, sagt Johannes Ketteler, Leiter des Krisenzentrums Dortmund, das sich seit 30 Jahren mit Suizid-Prävention befasst.
Insgesamt allerdings sinkt die Selbstmordrate bundesweit seit Jahren, von 18 451 Toten im Jahr 1980 auf 9616 in 2009. In NRW wählten 2008 insgesamt 1594 Menschen den Freitod. 409 davon, die größte Gruppe, waren älter als 70 Jahre.
Ein Trend, der sich europaweit beobachten lässt. Exit, der Schweizer Verein für Sterbehilfe, registriert ein starkes Mitglieder-Wachstum. Über 70 000 Schweizer gehören ihm an. „Die Menschen, die mit Exit sterben, sind im Schnitt 74 bis 76 Jahre alt. 70 Prozent sind tödlich erkrankt, 30 Prozent unheilbar“, erklärt Bernhard Sutter, Vizepräsident von Exit. Er bedaure, dass Sachs sich erschoss anstatt „ein friedliche Methode durch Medikamente zu wählen“.
„Es gehört Mut dazu, so aus dem Leben zu scheiden“, sagte Heike von Lützau-Hohlbein, Vorsitzende der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft. Die Kirche verurteile niemanden mehr, der sich selbst töte, erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider. Doch der Theologe mahnt, Selbstbestimmung nicht zum alleinigen Maß für das Leben zu machen. Selbstbestimmung sei gut. „Aber wenn ich volle Selbstbestimmung über das gesamte Leben haben will, ist das ein Ideal, das maßlos ist“, sagte er. Jeder sei auf andere Menschen angewiesen. „Das ist am Anfang unseres Lebens so und auch, wenn es aufs Ende zugeht.“