Hamburg/Berlin.. Nach der Kritik der Kirchen hat jetzt auch ein Hamburger Jurist auf das umstrittene Statment von Kanzlerin Merkel zum Tod von El-Kaida-Chef bin Laden reagiert. Ein Richter stellte Strafanzeige. Er wirft ihr „Belohnung von Straftaten“ vor.

Wo kein Kläger, da kein Richter? Im Fall der umstrittenen Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Tod von El-Kaida-Chef Osama bin Laden gibt es jetzt immerhin eine Anzeige und einen Richter. Der Hamburger Richter Heinz Uthmann hat Merkel angezeigt. Gemäß Paragraf 140 des Strafgesetzbuches werfe der Richter der Bundeskanzlerin Belohnung und Billigung von Straftaten vor, bestätigte der Hamburger Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers am Freitag den Eingang der zweiseitigen Anzeige.

Merkel hatte am vergangenen Montag erklärt, sie freue sich darüber, „dass es gelungen ist, bin Laden zu töten“. Damit hatte sie auch innerhalb der CDU für Kritik gesorgt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hingegen verteidigte Merkel: „Als Christ gibt es für mich das Böse in der Welt. Osama war böse. Und man darf sich als Christ freuen, wenn es weniger Böses auf der Welt gibt“, sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ laut Vorabbericht vom Freitag.

Merkel hat inzwischen auf öffentliche Reaktionen reagiert und versucht, die Wogen zu glätten: Mitte der Woche ließ sie ihren Sprecher Steffen Seibert erklären, das betreffende Statement sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Man dürfe die Äußerungen nicht isoliert betrachten. Merkel habe das tausendfache Leid vor Augen gehabt, dass bin Laden Menschen zugefügt habe.

Überzeugt, dass die Äußerung der Kanzlerin eine Straftat ist

„Ich habe die Strafanzeige gestellt, da ich davon überzeugt bin, dass die Äußerung der Kanzlerin eine Straftat ist“, sagte Uthmann am Freitag. Anhand der Reaktionen der Kirchen könne man sehen, dass eine solche Äußerung in Mitteleuropa nicht erlaubt sein könne. „Außerdem zahle ich keine Steuern für jemanden, der so etwas von sich gibt“, sagte Uthmann weiter.

„Diese Äußerung - für die Tochter eines christlichen Geistlichen verwunderlich und abseits aller Werte wie Menschenwürde, Barmherzigkeit und Rechtsstaat - begründet den Anfangsverdacht einer Straftat nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuches“, heißt es in der Anzeige, die am Donnerstag bei der Staatsanwaltschaft einging. Merkels Äußerung war zur bundesweiten Verbreitung bestimmt, was keiner Begründung bedürfe.

Wie Uthmann weiter ausführte, hat sich „der Erfolgswert der Straftat bestimmungsgemäß nicht nur in Berlin, sondern allen Bezirken aller deutschen Staatsanwaltschaften realisiert“. Damit sei auch die Hamburger Anklagebehörde zuständig. Möllers geht dennoch davon aus, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft das Verfahren an die zuständige Behörde in Berlin abgeben werde.

Juristische Erfolgschancen der Strafanzeige gering

Uthmann ist seit 1987 Richter. Zunächst arbeitete er am Landgericht als Richter für Wirtschaftsstrafrecht. Danach war er im Arbeitsrecht tätig. Die juristischen Erfolgschancen seiner Strafanzeige stuft der 54-Jährige aus dem Hamburger Stadtteil Rotherbaum jedoch gering ein. „Kein deutscher Staatsanwalt wird den Mut haben, Frau Merkel deswegen anzuklagen“, sagte Uthmann.

Nach Ansicht des Richters wird die Äußerung aber Konsequenzen für die Kanzlerin haben. Immerhin habe bereits der Vorsitzende des Rechtsausschusses und CDU-Bundestagsabgeordnete, Siegfried Kauder, die Äußerungen der Kanzlerin als mittelalterlich bezeichnet. „Ein Ausschussvorsitzender der Regierungsfraktion äußert sich zur Bundeskanzlerin in der Regel nicht so“, sagte Uthmann. (dapd)