Washington. . Die Zweifel an der Kreditwürdigkeit der USA wachsen, denn dem Staat droht das Geld auszugehen - ein heftiger Schlag gegen amerikanisches Selbstbewusstsein. Ein Schlag, der in Washington Schockwellen, aber auch Verärgerung auslöste.

Das war ein heftiger Schlag gegen amerikanisches Selbstbewusstsein. Die Drohung einer der führenden Ratingagenturen, die Kreditwürdigkeit der größten Volkswirtschaft der Welt herabzusetzen, wenn die USA ihre Schulden nicht in den Griff kriegen, löste in Washington Schockwellen, aber auch Verärgerung aus.

Eine Herabstufung ist nicht nur eine Prestigefrage. Jeder Zehntelpunkt mehr, den die USA für Kreditzinsen zahlen müssen, kostet Milliarden und verschärft das ohnehin gigantische Defizit. Noch gelten die USA, anders als etwa das hoch verschuldete Griechenland, als Top-Schuldner. Vergleichsweise billig kommt Amerika daher an Kredite. Und die USA haben von diesem Privileg reichlich Ge­brauch ge­macht.

Die Uhr tickt

Wie das Haushaltsdefizit re­duziert werden soll, „ist uns nicht klar“, schrieb die Agentur „Standard & Poor’s“, eine der drei großen in diesem Ge­schäft. Auf gigantische 14,2 Billionen Dollar sind die US-Schulden inzwischen angewachsen. Und die Schuldenuhr tickt immer schneller. Die Neuverschuldung im laufenden Haushalt beläuft sich auf fast 1,5 Billionen Dollar – das entspricht fast zehn Prozent der Wirtschaftsleistung.

Vor allem in den letzten zehn Jahren waren die Schulden explodiert. Steuererleichterungen für Gutverdiener in der Bush-Ära, zwei lange Kriege im Irak und in Afghanistan und milliardenschwere Konjunkturpakete während der Finanzkrise haben den US-Etat aus dem Lot ge­bracht. So dramatisch ist inzwischen die Lage, dass den USA Mitte Mai das Geld auszugehen droht, wenn sich der Kongress nicht darauf einigt, das Schuldenlimit von 14,3 Billionen Dollar anzuheben. US-Finanzminister Timothy Geith­ner hatte am Wochenende einmal mehr vor den Folgen gewarnt, wenn sich der Kongress gegen einen solchen Schritt sperrt. Noch legen sich vor allem die Republikaner, die dort die Mehrheit haben, quer. Einig sind sich Demokraten wie Republikaner, dass gespart werden muss. Doch über die richtigen Re­zepte streiten beide Seiten. Erst in praktisch letzter Minute hatten sich beide Seiten vor wenigen Tagen darauf verständigt, vergleichsweise mickrige 38,5 Milliarden Dollar aus dem laufenden Haushalt zu streichen.

Tiefer Graben zwischen Parteien

Das Schuldenthema prägt immer mehr die politische De­batte und den anlaufenden Präsidentschaftswahlkampf. In der letzten Woche hatte US-Präsident Barack Obama seinen Plan vorgestellt, Amerikas Schulden in den nächsten zwölf Jahren um vier Billionen Dollar abzubauen. Neben Steuererhöhungen für Besserverdienende sieht Obamas Sparplan Einschnitte im Verteidigungsetat, Reformen im Ge­sundheitssektor und ein ­einfacheres Steuersystem vor.

Die Republikaner wiederum, die jede Steuererhöhung ablehnen, wollen in zehn Jahren sechs Billionen Dollar sparen. Dies soll vor allem durch Privatisierungen bei den Krankenversicherungen für Ältere und Arme erreicht werden.

Von Annäherung keine Spur

Der Graben, der beide Seiten trennt, sei tief, schrieb die Ratingagentur. Den Warnschuss der Wall Street nutzten beide Seiten umgehend, um mit dem Finger auf den anderen zu zeigen. Von Annäherung keine Spur. Obama sprach von einer „politischen Entscheidung“ der Agentur, die er zurückweise. Der republikanische Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Eric Cantor, sah in dem Ausblick hingegen einen „Weckruf“ für diejenigen, die das Schuldenlimit blind erhöhen wollten.

Von einem deutlichen Warn­schuss sprach hingegen der Finanzmagnat Bill Gross, dessen Investmentfonds be­reits im Februar US-Staatsanleihen wegen der unsicheren Aussichten aus dem Portfolio gekippt hatte. Sein Urteil über die US-Schuldenpolitik: „Wir sind griechischer als die Griechen.“