Düsseldorf..
Die Atom-Katastrophe in Japan führt zu überraschend schnellem Umdenken im Düsseldorfer Landtag. Plötzlich ist die „Verspargelung der Landschaft“ für CDU und FDP kein Thema mehr.
Nach jahrelangem Streit formiert sich in NRW ein überraschend breites Bündnis für den massiven Ausbau von Windkraftanlagen. Bei einer Expertenanhörung am Mittwoch im Landtag wurde deutlich, dass CDU und FDP bereit sind, als Konsequenz aus der Atomkatastrophe von Fukushima ihren Widerstand gegen zusätzliche Windräder aufzugeben. „Ohne Windenergie geht es nicht, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf 30 Prozent erhöht werden soll“, sagte Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) der WAZ.
Ein Erlass von Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sieht vor, den Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung von heute drei auf 15 Prozent im Jahr 2020 anzuheben. Viele der landesweit knapp 3000 Windräder sollen gegen eine neue Generation von Anlagen ausgetauscht werden, die bis zu 3,5 Megawatt leisten und mit 150 Metern fast so hoch sind wie der Kölner Dom. Die Gesamtzahl der Anlagen müsste sich in NRW nach Expertenschätzung für das Erreichen der Energieziele zudem verdoppeln.
Weg mit dem Mindestabstand
Um die Erneuerung und den Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen schnell zu ermöglichen, will Minister Remmel den bislang pauschalen Mindestabstand zur Wohnbebauung von 1500 Metern ebenso abschaffen wie die gültige Höhenbegrenzung der Anlagen von 100 Metern. Die Kommunen und Kreise sollen zwei Prozent der gesamten Landesfläche als Vorrangzonen für Windparks ausweisen. Auch in Waldschneisen könnten sich demnächst Windräder drehen. Der Erlass wird spätestens im Juni in Kraft treten.
Dietmar Pucher und Franz-Joachim Weyers von der Bürgerinitiative „Aktion Gegenwind“ warnten vor „massiven Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung“ und einer „optisch bedrängenden Wirkung“ der Riesenwindräder. Einfamilienhäuser in der Nachbarschaft neuer Windparks könnten leicht einen Wertverlust von 100 000 Euro verzeichnen.
Nachbarn sollen direkt profitieren
Der Sachverständige Martin Beckmann riet der Landesregierung, die Kommunen nicht auf dem Erlassweg mit Planzahlen zum Ausbau der Windenergie zu überfordern. Verbindliche Auflagen müssten sorgfältig in die künftige Regional- und Bauleitplanung eingearbeitet werden.
Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Josef Hovenjürgen will den Widerstand vieler Bürger über eine Art „Entschädigungsrendite“ brechen. Nachbarn von Windkraftanlagen sollen sich leichter und bevorzugt über Genossenschaftsmodelle am wirtschaftlichen Ertrag der Energiegewinnung beteiligen können. Wertschöpfung schaffe Akzeptanz.
Frank Brösse von den Stadtwerken Aachen berichtete hierzu von vielversprechenden „Windsparbriefen“. Die Investition von rund fünf Millionen Euro für eine moderne Windkraftanlage gilt bislang als renditeträchtige Anlage.