Moskau. Nach der ersten Unterredung mit Wladimir Putin hat Barack Obama in einer Grundsatzrede auf die Möglichkeit hingewiesen, dem amerikanisch-russischen Verhältnis eine starke Grundlage zu geben.

US-Präsident Barack Obama hat Russland in einer Grundsatzrede zur Überwindung des gegenseitigen Misstrauens aufgerufen. Es liege nicht in der Bestimmung der beiden Staaten, Gegner zu sein, erklärte Obama am Dienstag vor Absolventen einer Universität in Moskau. Unmittelbar zuvor war er am zweiten Tag seines Besuchs in Russland mit Ministerpräsident Wladimir Putin zusammengetroffen. Es war die erste Unterredung der beiden Politiker.

Obama betonte in seiner Rede die gemeinsamen Interessen und sprach von einer «exzellenten Gelegenheit, das amerikanisch-russische Verhältnis auf eine starke Grundlage zu stellen». Zugleich räumte er ein, dass es schwierig sei, «zwischen früheren Feinden eine bleibende Partnerschaft zu schmieden».

Das Gespräch mit Putin, den Obama noch vor wenigen Tagen als rückwärtsgewandt kritisiert hatte, dauerte zwei Stunden, rund 30 Minuten länger als geplant. Putin empfing Obama in seinem Landhaus in Nowo Ogarjowo, einem Vorort von Moskau. Beide Politiker drückten die Hoffnung aus, die Beziehungen zwischen Russland und den USA künftig auf eine neue Basis stellen zu können.

Ungünstige Vorbedingungen

Die Vorbedingungen für das Treffen waren indes nicht die günstigsten, nachdem Obama über Putin am vergangenen Donnerstag in einem AP-Interview sagte, der Ministerpräsident sei teilweise noch der Mentalität des Kalten Krieges verhaftet. Beim Gespräch mit Putin wolle er ihm klar machen, dass die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten nicht mehr «nach Art des Kalten Krieges» funktionierten, hatte der US-Präsident in dem Interview gesagt. Putin wies die Kritik am Freitag postwendend zurück.

Nach dem Treffen korrigierte Obama sein Urteil über Putin. Der Präsident sei «sehr überzeugt», dass Putin ein Mann der Gegenwart sei und den Blick fest nach vorn richte, sagte ein ranghoher US-Regierungsbeamter. Beide teilten die Sorge hinsichtlich des Terrorismus und der Verbreitung von Atomwaffen, sagte der Gewährsmann, der anonym bleiben wollte.

Dem Fernsehsender Fox sagte Obama, er habe Putin als «entschlossen, klug, scharfsinnig, sehr unsentimental, sehr pragmatisch» kennengelernt. In Streitfragen wie dem Georgien-Konflikt rechne er jedoch nicht mit einer baldigen Einigung. Putin sagte, sein Land hoffe auf eine Verbesserung der Beziehungen zu den USA unter Obama.

Obama traf am Dienstag auch den früheren sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow. Das Weiße Haus sprach anschließend von einem «guten Treffen». Ferner stand eine weitere Begegnung mit Präsident Dmitri Medwedew auf dem Programm sowie ein Treffen mit führenden Oppositionspolitikern.

Die Grundsatzrede Obamas an der liberalen Wirtschaftsuniversität New Economic School am Dienstag war von seinen Beratern auf eine Stufe mit jenen in Prag und Kairo gestellt worden. In Tschechien hatte Obama von der Vision einer Welt ohne Atomwaffen gesprochen, in Ägypten hatte er für ein neues Verhältnis mit der muslimischen Welt geworben.

Obama: Interesse an einem starken Russland

Die USA hätten ein Interesse an einem starken, friedlichen und prosperierenden Russland, betonte Obama. Der US-Präsident nannte fünf Themenbereiche, in denen beide Länder grundsätzlich dieselben Interessen hätten: ein Stopp der Weiterverbreitung von Atomwaffen, Kampf gegen Extremismus, Sicherung des wirtschaftlichen Wohlstands, Stärkung der Rechte der Menschen und Förderung der Zusammenarbeit unter Wahrung der Souveränität des jeweils anderen. Indirekt mahnte Obama in seiner Rede mehr Bürgerrechte und Meinungsfreiheit in Russland an.

Am Montag vereinbarten die USA und Russland, gemeinsam die atomare Abrüstung vorantreiben zu wollen. Obama und Präsident Medwedew einigten sich auf eine Rahmenvereinbarung für einen neuen nuklearen Abrüstungsvertrag.

Von Mittwoch bis Freitag hält sich Obama in Italien auf, wo unter anderem die Teilnahme am G-8-Gipfel in L'Aquila und ein Treffen mit Papst Benedikt XVI. vorgesehen sind. (ap)