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Die Grünen werden in Baden-Württemberg regieren. Droht damit der wirtschaftliche Absturz? Keineswegs, meint der ehemaligen Grünen-Abgeordnete Oswald Metzger, der 2008 zur CDU wechselte. Im Interview mit DerWesten lobt er den designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in höchsten Tönen und warnt vor einer Finanzpolitik wie in NRW.
Hat Fukushima die Wahl entschieden?
Oswald Metzger: Nein, das wäre eine billige Erklärung. Eine Wechselstimmung herrschte schon vor der Atomkatastrophe.
Warum?
Metzger: Nach 58 Jahren an der Regierung hat sich die CDU – wie andere Parteien, die zu lange an der Macht sind – in gewisser Weise verbraucht: Es gibt Verkrustungen. Selbstbewusstsein schlägt zum Teil in Arroganz der Macht um. Der anfängliche Umgang mit Stuttgart 21 zeigte die Entfremdung zwischen der CDU und dem Volk. Zudem ist auch in wirtschaftsnahen Milieus der Frust über die Koalition in Berlin groß, weil sie die Erwartungen nicht erfüllt hat.
Auf Winfried Kretschmann lasten Riesenerwartungen. Hat er eine Chance, diese zu erfüllen – oder folgt die rasche Entzauberung?
Metzger: Kretschmann wird so schnell nicht entzaubert. Der Mann ist authentisch, hat ein konservatives Wertefundament, verfügt über Ministerialerfahrung und ist kein Heißsporn. Er kann den Wechsel hinbekommen. Es ist aber richtig, dass eine unglaubliche Verantwortung auf der neuen Koalition lastet. Die erste Herausforderung wird Stuttgart 21 sein.
Stürzt Baden-Württemberg unter den Grünen wirtschaftlich ab?
Metzger: Nein, die Grünen sind längst kein Schreckgespenst für die Wirtschaft mehr. Zudem wären sie bescheuert, wenn sie wieder degenerieren würden zu Maschinenstürmern. Die Nagelprobe für die Grünen wird nun sein, wie sie den Sozialstaat organisieren und die Finanzen konsolidieren. Auch hier müssen sie wie im Umweltbereich auf Nachhaltigkeit setzen.
Was kann die grün geführte Regierung von der Koalition in NRW lernen?
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Metzger: Wenn Kretschmann eine Finanzpolitik tolerieren würde, wie sie Rot-Grün in NRW jetzt macht, dann müsste er sofort auf sein Amt verzichten. Dann kann er den soliden Umbau des Landes hin zu mehr ökologischer Sensibilität, unter Beibehaltung der ökonomischen Prosperität, nicht bewältigen. Eine Finanzpolitik, die dermaßen zulasten der Zukunft geht, wäre eine Katastrophe für Baden-Württemberg.
Kretschmann verspricht eine Politik des Gehörtwerdens. Hat sich der ruppige Politik-Stil a la Stefan Mappus überlebt?
Metzger: Wir leben in einer Zeit, wo die Menschen überzeugt und ernst genommen werden wollen. Die Basta-Politik hat ausgespielt.
Die Union rudert bei der Laufzeitverlängerung zurück. Ist Schwarz-Grün so wieder denkbar?
Metzger: Schwarz-Grün war immer denkbar. Denn die Union würde sich strategisch von der Macht verabschieden, wenn sie Koalitionen mit den Grünen prinzipiell ausschließt. Die SPD hätte dann alle Optionen zur Macht im Bund, die Union nicht.
Aber wo muss sich die Union auf die Grünen zu bewegen?
Metzger: Wenn die Union glaubwürdig bleiben will, muss sie sich von der Laufzeitverlängerung verabschieden. Es kommt jetzt auf mehr ökologische Sensibilität in der Energiepolitik an. Das ist ein wichtiger Baustein zur Öffnung. Gleichzeitig muss die CDU ihren marktwirtschaftlichen Markenkern wieder stärker betonen. Sie muss die Volkspartei sein, die bei allen ökologischen Versprechen und sozialen Leistungen auch an die Finanzierbarkeit denkt. Dann wird ein Andocken an eine grüne Politik funktionieren.
Reicht das aus?
Metzger: Wenn die Union ihre ökologische Sensibilität nicht neu und ihre marktwirtschaftliche Glaubwürdigkeit wieder entdeckt, dann läutet sie auch den Machtverlust in Berlin ein. Sie muss sich programmatisch und personell so erneuern, dass sie wieder eine langfristige mehrheitsfähige Strategie hat. Dafür sollte die Union die kommenden beiden Jahre an der Regierung nutzen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat wird sie in der praktischen Politik kaum mehr eigene Akzente setzen können. Also muss sie über eine programmatisch-politische Neubestimmung Profil gewinnen, um die Wähler beim nächsten Mal für eine klare Richtungsentscheidung zu gewinnen.
Bereuen Sie Ihren Wechsel zur CDU?
Metzger: Nein. Ich bin mit meiner Entscheidung im Reinen und werde weiterhin in der Mittelstandsvereinigung der CDU für meine Überzeugungen streiten. Bei den Grünen hätte ich mit meinen Vorstellungen im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik keinen Blumentopf gewinnen können.