Essen. . Es schien eine quälend lange Zeit, bis sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einer Resolution gegen Libyens Machthaber Gaddafi durchgerungen hatte. Im Vergleich zu anderen internationalen Krisen wie in Ruanda und Bosnien ist die Entscheidung jedoch sehr schnell gefallen, sagt Völkerrechtler Claus Kreß von der Universität Köln.

Es schien eine quälend lange Zeit, bis sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einer Resolution gegen Libyens Machthaber Gaddafi durchgerungen hatte. Im Vergleich zu anderen internationalen Krisen wie in Ruanda und Bosnien ist die Entscheidung jedoch sehr schnell gefallen, sagt Völkerrechtler Claus Kreß von der Universität Köln.

„Man muss auch berücksichtigen, dass der Sicherheitsrat ein sehr robustes Eingriffsmandat beschlossen hat, das die Einrichtung einer Flugverbotszone übersteigt“, sagt der Professor für Völkerrecht und Friedenssicherungsrecht.

Am 27. Februar hatte sich der Sicherheitsrat zum ersten Mal in einer Sondersitzung mit Libyen befasst, wo bereits zehn Tage lang Gefechte tobten. Bereits an diesem Tag haben die 15 Mitglieder des Gremiums in New York darüber diskutiert, eine Flugverbotszone einzurichten, um zu verhindern, dass Gaddafi Zivilisten bombardieren lässt. Beschlossen wurden jedoch Sanktionen wie ein Waffenembargo und das Einfrieren von Vermögen des Regierungsclans. So lange die Gewalt nicht zunehme, sei ein Flugverbot nicht durchsetzbar, hieß es aus New York.

Gewalt nahm zu

Sie nahm zu. Über die Zahl der Todesopfer sind keine offiziellen Zahlen bekannt, sicher ist, dass Zivilisten bei Angriffen der Kampfbomber gestorben sind. Vor acht Tagen waren Frankreichs Präsident Sarkozy und der britische Premier Cameron bereit, auch ohne UN-Mandat militärisch gegen Gaddafi vorzugehen. Doch der Rest der Welt war dagegen.

„Das Dogma, Gewalt sei auch in zeitlicher Hinsicht stets ultima ratio, also zuletzt anzuwenden, um Menschenrechte zu schützen, ist zu schlicht“, sagt Claus Kreß. „Natürlich seien nicht-militärische Sanktionen prinzipiell vorzugswürdig. Nur müssten sie den Menschen auch rechtzeitig helfen.“

Schutz der Menschenrechte

Zuletzt habe die Nato 1999 im Kosovo-Krieg den Schutz fundamentaler Menschenrechte im Fall einer extremen Bedrohung höher bewertet als die Souveränität eines Staates (Serbien), und sogar ohne grünes Licht vom Sicherheitsrat militärisch eingegriffen. Auch Deutschland befürwortete den Einsatz. Vor diesem Hintergrund hält Kreß die Haltung der Bundesregierung heute für problematisch: „Die deutsche Argumentation im Fall Libyen ist mit der im Fall Kosovo kaum zu vereinbaren. Das birgt die Gefahr der nachträglichen Diskreditierung des Beschlusses von 1999.“

Das könnte sich als kurzsichtig herausstellen. „Denn das Gewicht der eigenen Völkerrechtsüberzeugung ist auch davon abhängig, wie konsequent man sie vertritt.“ Zweifelhaft sei es auch, die deutsche Enthaltung im Sicherheitsrat mit dem Entschluss zu begründen, man wolle sich – etwa wegen der starken Belastung durch den Afghanistaneinsatz – an dem Einsatz in Libyen nicht beteiligen.

Nationaler Blickwinkel

Denn bei der Abstimmung im Sicherheitsrat sei es allein darum gegangen, den dazu bereiten Staaten ein Mandat zur Gewaltanwendung zu erteilen. „Es ist ein zu enger nationaler Blickwinkel, das eigene Abstimmungsverhalten im Sicherheitsrat daran ausrichten, ob man selbst an dem betreffenden Militäreinsatz mitwirken möchte.“