Essen. . Anleger sind verunsichert. Der Börsenwert der Energieriesen Eon und RWE schrumpfte innerhalb weniger Tage insgesamt um rund sieben Milliarden Euro. Das hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) errechnet.

Die Stimmung an den Börsen ließ sich mit einem Wort beschreiben: Panik.

Die Verunsicherung breitete sich von Tokio aus und erreichte auch die Aktienmärkte in Europa und in den USA. Asiens bedeutendster Aktienindex, der Nikkei, stürzte am Dienstag zeitweise um mehr als 14 Prozent ab – so heftig wie seit dem Börsencrash 1987 nicht mehr. Am stärksten zeigte sich die Angst der Investoren, als Japans Ministerpräsident Naoto Kan mitteilte, aus den beschädigten Reaktoren sei radioaktives Material entwichen und weitere Lecks seien möglich.

Kurswechsel der Bundesregierung verunsichert Anleger

Der Kurssturz in Tokio erschütterte auch die Börse in Frankfurt. Der Deutsche Aktienindex (Dax) stürzte zwischenzeitlich um bis zu 5,6 Prozent auf 6483 Punkte ab und notierte damit so niedrig wie seit Oktober 2010 nicht mehr. Zugleich war es der größte Kursverlust seit De­zember 2008, als die Finanzmärkte mit den Folgen der Pleite der Investmentbank Lehman zu kämpfen hatten.

Besonders stark traf es die Energieversorger Eon und RWE. Ihr Börsenwert schrumpfte innerhalb weniger Tage insgesamt um rund sieben Milliarden Euro. Das hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) errechnet. Seit Freitag büßte der Essener RWE-Konzern rund 2,55 Milliarden Euro ein. Bei Eon waren es sogar rund 4,4 Milliarden Euro. Der rasante Kurswechsel in der Atompolitik verunsicherte die Anleger massiv.

„Gewaltige wirtschaftliche Konsequenzen“

Auch die Aktien anderer Industriekonzerne wie BASF, Daimler, VW und Thyssen-Krupp verzeichneten hohe Verluste. „Es gab panikartige Verkäufe, die mit gesundem Menschenverstand nichts mehr zu tun haben“, erklärt DSW-Sprecher Marco Cabras. „An den Märkten ist zu spüren, dass die Welt vor weitreichenden Konsequenzen steht, die aber noch längst nicht zu erfassen sind.“ Die Unsicherheit sei vergleichbar mit der Nervosität nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. „Das sind angstgetriebene, rein psychologische Kurse“, sagt Cabras. Bislang wa­ren meist schlechte Unternehmens- und Konjunkturnachrichten oder politische Ereignisse Auslöser für einen Börsen-Crash. Dass ein Kurssturz – wie nun in Tokio – durch eine Naturkatastrophe ausgelöst wurde, ist ein neues Kapitel in der Börsengeschichte.

„So wie der 11. September die Welt verändert hat, wird auch diese Katastrophe in Japan die Welt verändern“, sagt Franz-Josef Leven, Direktor des Deutschen Aktieninstituts (DAI). „Dieses Naturereignis hat ganz gewaltige wirtschaftliche Konsequenzen – über den Tag hinaus.“ Schließlich komme nun die Energiepolitik weltweit auf den Prüfstand. „Aktienkurse spiegeln immer die Zukunftserwartung wider“, so Leven. „Daher wird die Unsicherheit an den Börsen noch einige Zeit anhalten.“