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Nuklearer Notstand im Atomkomplex Fukushima. Die Erdstöße haben die Kühlsysteme in mehreren Reaktorblöcken beschädigt. Notstromaggregate sprangen nicht an. Verzweifelt versuchen Techniker, die Reaktorkerne mit Meerwasser zu kühlen. Kann das auch in Deutschland passieren?

Niemals, sagt das Deutsche Atomforum, der Branchenverband der Atomwirtschaft: „Eine Verkettung eines derart schweren Erdbebens und eines schweren Tsunamis ist in Deutschland nicht vorstellbar“, hieß es in einer Erklärung. Das Argument: Grundsätzlich seien die deutschen Siedewasserreaktoren Isar 1, Krümmel, Brunsbüttel, Gund­remmigen A/B und Philippsburg 1 mit den japanischen vergleichbar. Doch die älteren japanischen Anlagen hätten lediglich zwei Stränge der Sicherheitssysteme. Deutsche Anlagen verfügten über vier Barrieren, die radioaktive Stoffe zurückhalten sollen.

Zudem stünden in deutschen Reaktoren mehr Dieselgeneratoren für die Stromversorgung zur Verfügung und es gebe Anschlussstellen für ex­terne Generatoren.

Kernkraftgegner indes be­fürchten, dass von den deutschen Anlagen sehr wohl ein Risiko ausgehen könne. Auch der Rheingraben ist eine geologische Bruchzone, in der es zu kleineren Beben kommen kann. Hier stehen die Atomkraftwerke Neckarwestheim, Philippsburg und Biblis sowie der Reaktor Fessenheim in Frankreich. Die Kraftwerksbetreiber erklären dazu, dass die Anlagen im Umkreis von 200 Kilometern gegen ein „nach wissenschaftlichen Erkenntnissen maximal auftretendes Erdbeben“ gesichert seien.

Für Michael Sailer, Ge­schäftsführer des Öko-Instituts und Mitglied der Reaktorsicherheitskommission, sind die Unterbrechung der Stromversorgung und der Ausfall des Kühlsystems aber auch aus an­deren Gründen denkbar: Wartungsfehler oder Terroranschläge durch gezielte Flugzeugabstürze. Das Darmstädter Institut stellte 2007 in einer Studie fest: „Bei den ältesten, nicht explizit gegen Flugzeugabsturz ausgelegten Kernkraftwerken, ist bei realistisch möglichen Absturzszenarien eine großflächige Zerstörung des Reaktorgebäudes nicht sicher ausgeschlossen. In der Folge kann es zu einer Kernschmelze kommen.“