Berlin. .

Christiane Woopen brachte es auf den Punkt: „Es gibt in der PID keine Lösung, die moralisch einwandfrei ist“, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. „Es gibt nur die Abwägung zwischen zwei Übeln.“ Folgerichtig konnte sich das Gremium auch nicht zu einer gemeinsamen Position zur Präimplantationsdiagnostik durchringen, sondern stellte am Dienstag in Berlin mehrere Voten vor.

13 Sachverständige des Rats halten die eingeschränkte Zulassung von Gentests an im Reagenzglas befruchteten Embryonen für ethisch vertretbar, während elf das gesetzlich verbieten möchten. Ein Mitglied will zudem PID genehmigen – aber nur mit verbindlichen Kriterien. Sie sollen klarstellen, wann ein Em­bryo „entwicklungsfähig“ ist.

Dennoch bemühten sich Gegner und Befürworter, dem doppelten Votum etwas Sinnhaftes abzugewinnen. Bischof Wolfgang Huber, der die PID ablehnt, lobte die „Transparenz der Argumentation“. Dadurch soll nun jeder Parlamentarier im Stande sein, seine Position zur umstrittenen PID zu finden. „Das halte ich für ein wichtigeres Resultat, als wenn nur ein Ergebnis herausgekommen wäre“, sagte Huber. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bezeichnete das gespaltene Votum des Ethikrats als Bereicherung für die Debatte.

Medizinisches Risiko

Die Befürworter im Rat wollen die PID erlauben, wenn „ein hohes medizinisches Risiko“ vorliegt. Dies ist etwa gegeben, wenn die Eltern nachweislich eine schwere Erbkrankheit auf das Kind übertragen könnten. Einen Katalog mit Krankheiten und Behinderungen durch den Gesetzgeber lehnen die Befürworter aber ab. Die PID könne helfen, „Schwangerschaften auf Probe“ zu vermeiden, sagte Woopen.

Mit der Zulassung der PID erlaube man, menschliches Leben wegen unerwünschten Eigenschaften zu „verwerfen“, konterte Huber. Er verwies darauf, dass es durch die PID keinerlei Garantie für ein gesundes Kind gebe.

Drei Gesetzentwürfe

Der Ethikrat ist in seiner Auffassung ähnlich gespalten wie die Parlamentarier. Sie wollen in der kommenden Woche im Bundestag über die Gentests debattieren. Derzeit liegen drei Gesetzentwürfe zur PID vor. Eine Gruppe um Peter Hintze (CDU), Ulrike Flach (FDP) und Carola Reimann (SPD) will die beschränkte Zulassung für PID – wenn Eltern beispielsweise genetisch so belastet sind, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein behindertes Kind bekommen.

Ein Gesetzentwurf des SPD-Abgeordneten René Röspel will ebenfalls die PID erlauben, aber unter noch enger gefassten Vorgaben. Eine Gruppe um Johannes Singhammer (CSU) lehnt Gentests strikt ab. Wie sich der Bundestag entscheidet, ist noch offen. Nach Informationen dieser Zeitung befürworteten zuletzt 140 Abgeordnete die Gentests. Etwa 30 sollen Röspels Entwurf stützen. Bei den Gegnern gibt es angeblich 100. Gut die Hälfte der Abgeordneten haben sich demnach noch nicht entschieden oder öffentlich festgelegt.

Tests im Glas

Für eine PID werden wenige Tage nach der künstlichen Befruchtung zwei Zellen entnommen und auf Anlagen für genetisch bedingte Krankheiten untersucht. Wird ein Gendefekt diagnostiziert, der eine schwere Behinderung des Kindes zur Folge hätte, lassen die Fachleute den Embryo absterben. Liegt keine Schädigung vor, kann er in die Gebärmutter eingesetzt werden. In Deutschland ist die künstliche Befruchtung im Embryonenschutzgesetz geregelt, nicht aber die PID. Obwohl es keine umfassende Regeln gab, galt die Methode lange als verboten. Geändert hat dies ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juli 2010. Dadurch wurde eine gesetzliche Regelung notwendig. (mit dapd)