Bundestag beschließt Pflegereform. Beitrag und Leistungen werden ab 1. Juli angehoben
Berlin. Der Beitrag zur Pflegeversicherung steigt zum 1. Juli um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 (Kinderlose 2,2), dafür erhöht die Pflegeversicherung für 2,2 Millionen Pflegebedürftige ihre Leistungen.
Dies beschloss gestern die Regierungskoalition im Bundestag. Die nicht immer einfache Reformdiskussion sei zu einem guten Abschluss gekommen, sagte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Sie bedauerte, dass es keine wirkliche Finanzreform gebe, und verlangte erneut die Einbeziehung aller Bürger in die gesetzliche Pflegeversicherung (Bürgerversicherung), was die Union jedoch ablehnt. Diese bevorzugt eine Kapitalrücklage.
Strittig war in der Koalition vor allem die Einrichtung von Pflegestützpunkten, bei denen sich Pflegebedürftige und ihre Angehörigen Rat holen können. Diese sollen jetzt von den Ländern eingerichtet werden. Die Leistungsausweitung bringt in der höchsten Stufe (vollstationäre Pflege) von 2012 an 1918 Euro (derzeit 1550). Von 2015 an sollen die Leistungen an die Inflation angepasst werden.
Ferner werden altersverwirrte Menschen in die Versicherung einbezogen. Der Pflegesatz für sie steigt von 460 auf bis zu 2400 Euro im Jahr. Diese Leistung erhalten sie auch dann, wenn sie körperlich noch nicht pflegebedürftig sind. Die Unionsexpertin Annette Widmann-Mauz (CDU) sagte, dies komme pflegenden Frauen zuhause zugute, denn "Pflege ist weiblich".
Beschäftigte haben ferner jetzt nicht nur Anspruch auf bis zu sechs Monate Pflegezeit, sie können auch zehn Tage unbezahlten Urlaub nehmen, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren. Die SPD will sich weiter dafür einsetzen, dass diese zehn Tage bezahlt werden (ebenfalls von der Pflegekasse). Dies hatte die Union abgelehnt. Außerdem wurde vereinbart, dass Pflegeheime unangemeldet jährlich kontrolliert werden.
Die FDP kritisierte die Reform. Wegen der sinkenden Zahl der Beitragszahler bedeute dies bald einen Beitrag von sechs Prozent. Leistungskürzungen seien absehbar, sagte der FDP-Abgeordnete Heinz Lanfermann. Die Pflegestützpunkte kritisierte er als "Basislager für die Eroberung der Pflege von Staats wegen". Die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg kritisierte, es gebe keine nachhaltige Finanzreform. Die Linke verlangte, die Leistungen stärker anzuheben.