Rom.
Hat der italienische Staatschef Silvio Berlusconi wilde Sex-Partys mit minderjährigen Mädchen gefeiert? Hielt er sich gar eine Art „Harem“? Juristen versuchen das nun zu klären. Berlusconi muss sich in einem beschleunigten Verfahren vor dem Mailänder Gericht verantworten. Es geht um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Begünstigung der Prostitution Minderjähriger. Darauf stehen Haftstrafen bis zu 15 Jahren.
In Italien ist es möglich, auf Voranhörungen zu verzichten, wenn die Beweislage der Staatsanwaltschaft ausreichend ist. Mindestens ausreichend, wenn nicht sogar erdrückend, scheint sie zu sein. Denn die Staatsanwaltschaft ließ den Ministerpräsidenten und die Mädchen, die bei den berüchtigten „Bunga Bunga Partys“ ein- und ausgingen, monatelang abhören. Hunderte Seiten belastendes Material seien zusammen gekommen.
Es geht um mehrere junge Frauen, die unter 18 Jahren gewesen sein sollen, als sie bei den Sex-Partys in Berlusconis Villa Arcore bei Mailand mitgemacht haben. Seit Monaten gibt es in Italien kein anderes Thema mehr. Mittlerweile tauften die Italiener die Villa Arcore in „Villa Hardcore“ um. Über ein Dutzend junger attraktiver Frauen soll der Cavaliere sich wie einen Harem gehalten haben. Sie kamen – wie sie oft in Interviews sagten – immer wieder gerne, weil Berlusconi sie großzügig entlohnte. 5000 Euro drückte er ihnen für ihre Dienste in die Hand. Manche Auserwählten bekamen sogar eine Wohnung geschenkt, andere durften gratis in Luxusapartments wohnen.
Die schöne Ruby
Die berühmteste unter ihnen ist die bildhübsche Marokkanerin Karima el-Mahroug. Sie nennt sich Ruby Rubacuori (Ruby Herzensbrecherin) und wurde erst im November 18 Jahre alt. Nach Missbrauch durch zwei Verwandte und Gewalttaten durch den Vater, wie sie in Fernsehinterviews berichtete, wuchs sie in Heimen auf. Sie arbeitete als Bauchtänzerin, Escort-Girl und Prostituierte. Sie, so die Staatsanwaltschaft, soll ständiger Party-Gast bei Berlusconi gewesen sein.
Sie soll von dem 74-Jährigen auch fünf Millionen Euro verlangt haben. Vergeblich, beteuert Ruby. Bei den Partys soll es nicht nur um Geld, Sex und Erpressung gegangen sein, sondern auch um Drogen, steht in den Akten der Staatsanwaltschaft, die in Italien nicht wie ein Geheimnis gehütet werden. Vieles aus den Papieren kam schon vor Wochen an die Presse.
Amtsmissbrauch
Es war Ruby, die vor Monaten von der Polizei festgenommen worden war, weil sie gestohlen haben sollte. Aus dem Gewahrsam heraus rief sie Berlusconi an, der sich dann persönlich einschaltete und die Polizei anwies, Ruby frei zu lassen. Begründung: Sie sei eine Nichte des ägyptischen Staatschefs Mubarak. Die Polizei ließ sie gehen. Amtsmissbrauch heißt das in der Sprache der Staatsanwaltschaft. Berlusconi hat seine Einlassung nicht bestritten, sagt aber, er habe Schaden von Italien abwenden wollen und außerdem helfe er gerne, wenn Menschen in Not sind.
Prozess am 6. April
Die Vorwürfe bestreitet der Cavaliere. Es seien immer nur harmlose Treffen gewesen, bei denen Witze erzählt und Volkslieder gesungen worden seien. Die Aussagen der Mädchen hören sich deutlich anders an. Die Methoden der Staatsanwaltschaft, die ihn und die jungen Frauen monatelang abhören ließ, bezeichnet der 74-Jährige als Stasimethoden. Man wolle ihn nur aus dem Amt jagen, schimpfte Berlusconi. Seine Anwälte werden Einspruch gegen die Vorwürfe einlegen. Der Prozess ist für den 6. April terminiert.