Hitzacker. Dutzende Polizisten sichern die Stadthalle von Hitzacker. Im Saal herrscht eine explosive Stimmung. „Lügner“, skandieren die Zuschauer. „Du Heuchler,“ brüllen andere. „Gehen Sie nach Sharm-El-Sheikh“, schreit ein weiterer Richtung Rednerpult. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) lässt die Schmährufe und Pfiffe klaglos über sich ergehen. Dass ihm der geballte Volkszorn entgegenschlagen würde, war ohnehin klar.

Dutzende Polizisten sichern die Stadthalle von Hitzacker. Im Saal herrscht eine explosive Stimmung. „Lügner“, skandieren die Zuschauer. „Du Heuchler,“ brüllen andere. „Gehen Sie nach Sharm-El-Sheikh“, schreit ein weiterer Richtung Rednerpult. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) lässt die Schmährufe und Pfiffe klaglos über sich ergehen. Dass ihm der geballte Volkszorn entgegenschlagen würde, war ohnehin klar.

Erstmals hat Röttgen am Montag eine Sitzung des Kreistags von Lüchow-Dannenberg besucht, um für die „ergebnisoffene Erkundung“ des Salzstocks in Gorleben als Atommüllendlager zu werben. Mehr als zwei Stunden haben er und die Gorleben-Gegner dabei stur aneinander vorbeiargumentiert – mit Röttgen als klarem Sieger.

Im Dezember war Röttgen in das Bergwerk eingefahren. Dennoch sind viele Abgeordnete und Zuhörer in Hitzacker stinksauer. Sie verübeln dem CDU-Politiker, dass er den Erkundungsstopp für Gorleben aufgehoben sowie für längere Laufzeiten gestimmt hat und erst jetzt Rede und Antwort steht. „Sie sind zu spät gekommen, das war der größte Fehler, den Sie in ihrer Laufzeit gemacht haben“, klagt Wolfgang Wiegreffe von der Unabhängigen Wählergemeinschaft.

Gelassen lässt Röttgen den Vorwurf an sich abperlen. Sämtliche Angriffe argumentiert er souverän weg oder verweist darauf, dass die Gorleben-Pannen doch bitteschön vor seiner Amtszeit passiert sind. „Möglicherweise habe ich etwas falsch gemacht, ich glaube aber nicht, das getan zu haben“, fordert er die erboste Menge auf, ihm irgendwelche Fehler nachzuweisen.

Anstatt darauf ernsthaft einzugehen, lockt Röttgen mit einem Angebot: Er will drei Gremien einrichten, die künftig die Erkundung des Salzstocks begleiten und zur Hälfte mit Vertretern aus der Region besetzt werden sollen. Nach 30 Jahren „Nullbeteiligung“ gebe es jetzt eine „Vollbeteiligung“, findet der Minister. „Was Sie hier wollen, ist der Versuch, eine Bürgerbewegung unschädlich zu machen“, kontert Grünen-Kreistagsmitglied Elke Mundhenk. Boris-Georg Freiherr von der Bussche aus der FDP-Fraktion sagt, was viele denken: „Was heute stattfindet, ist kein Dialog. Das ist ein Feigenblatt für alles, was später kommt.“

Tatsächlich werfen sich beide Seiten altbekannte Argumente an den Kopf und kommen sich keinen Deut näher. Gorleben ist verbrannt, endet fast jeder der wütenden Redebeiträge, der nicht aus dem CDU-Lager kommt. Röttgen dagegen mimt den verständnisvollen Politiker, der rhetorisch einwandfrei die Gegner zum Nachweis auffordert, dass Gorleben nicht zum Endlager taugt. „Nehmen sie alle Möglichkeiten wahr, die Nichteignung aufzuzeigen“, sagt der Minister, obwohl es längst Gutachten gibt, die eben dies bescheinigen.

Dennoch ist die Veranstaltung ein Erfolg für Röttgen. Denn in Hitzacker geht es auch um die Botschaft über das Wendland hinaus, die etwa so lautet: Seht her, ich binde die Bevölkerung ein und ducke mich nicht weg. Ein klarer Seitenhieb auf Röttgens Amtsvorgänger Sigmar Gabriel (SPD) und Jürgen Trittin (Grüne), die Gorleben zehn Jahre lang nicht hatten untersuchen lassen. Wiederholt verspricht Röttgen die ergebnisoffene Erkundung. Bei der CDU kann er damit punkten. Die Abgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock wirbt für den Dialog. Gellende Pfiffe schlagen ihr entgegen. Wilhelm von Gottberg (CDU) lobt Röttgens Erscheinen: „Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Mut, dass Sie sich hier stellen.“