Hamburg. . Sie kommen auf die Zielgerade. Hinter den Parteien liegt ein dröger Wahlkampf. Es geht am Sonntag in Hamburg nicht wirklich darum, wer den Bürgermeister stellt, sondern, ob es die SPD allein schafft oder auf die Grünen angewiesen ist.

Sie kommen auf die Zielgerade. Hinter den Parteien liegt ein dröger Wahlkampf. Es geht am Sonntag in Hamburg nicht wirklich darum, wer den Bürgermeister stellt, sondern, ob es die SPD allein schafft oder auf die Grünen angewiesen ist.

Verkehrte Welten: Bürgermeister Christoph Ahlhaus agiert wie ein Herausforderer. In Umfragen liegt seine CDU bei 25, die SPD bei 46 Prozent. Dazu kommt, dass die Grün-Alternative Liste seinen Senat verlassen und die Neuwahl herbeigeführt hat. Die CDU hat keine Partner.

Prominenz nicht gefragt

FDP und Linke kämpfen um die Fünf-Prozent-Hürde. Die FDP nähert sich ihr von unten, die Linke von oben. Prominenz aus Berlin war im Wahlkampf nicht gefragt, am wenigsten bei der SPD. Die ungünstigen Schlagzeilen der Linken tun aber dem Hamburger Verband weh.

Im „Museum der Arbeit“ werden hastig Stühle herbeigeschafft. Die Zahl der Besucher wurde unterschätzt. Die Menschen stehen dichtgedrängt, um mit Olaf Scholz ins Gespräch zu kommen. Jeder kann fragen, Scholz bleibt so lange, bis er alle beantwortet hat. Scholz erscheint den Wählern vielversprechend, obwohl er nicht viel verspricht. Nur so viel: Runter mir den Kita-Gebühren, 6000 neue Sozialwohnungen, mehr Investitionen in den Hafen. Zudem will er jedes Jahr nicht mehr als eine einprozentige Zunahme der Betriebsausgaben. Wer das in Relation setzt zur Lohn- und Preisentwicklung, weiß, was ansteht: Sparen. Er ist der Gegenentwurf zu Hannelore Kraft in NRW.

„Ich hatte zu wenig Zeit“, erzählt Ahlhaus beim Gang über den Wochenmarkt in Uhlenhorst. An diesem Freitag peitscht ihm ein scharfer Wind den Regen ins Gesicht. Ein Sturm zieht auf. Nur wenige Leute verlieren sich auf dem Wochenmarkt, die meisten sind, buchstäblich wie bildlich zugeknöpft. Seit sieben Monaten ist der 41-Jährige erst im Amt, und doch muss er für fast alles den Kopf hinhalten: für Kita-Gebühren von über 500 Euro, für eine Bildungspolitik, die bürgerliche Wähler irritierte, für den verstörenden Abgang von Amtsvorgänger Ole von Beust.

Ach, Beust, von Kopf bis Fuß ein Hanseat, ein Mann, der mühelos die Sehnsucht nach dem großen und souveränen Auftritt erfüllte. Dagegen Ahlhaus: Als politische Figur vierschrötig und vor allem telegen, dazu ein „Quiddje“ – ein Zugereister.

Scholz ist zwar in Osnabrück geboren, aber entschuldigt. Die Großeltern und Eltern stammen aus Hamburg, wo er aufwuchs und lebt. In der Bundespolitik wirkte er mitunter deplatziert. Zu Hamburg passt die unterkühlte, schroffe Art. Seine Ansprache an die SPD: „Wer bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie auch bekommt.“

Plötzlich gilt sie wieder als die Hamburg-Partei. Die Eliten nehmen ihren Sieg vorweg. Der Chef der Werft Blohm&Voss, Frank Horch, soll in den Senat gehen, und der Reeder Erck Rickmers tritt für die SPD an. Altkanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder sowie frühere Bürgermeister wie Klaus von Dohnanyi oder Henning Voscherau unterstützen Scholz.

FDP-Hoffnung Suding

Scholz ist nicht der einzige, der frischen Wind in die Politik bringt. Da ist noch eine Frau, die eingehüllt in einen Friesennerz, die dunklen Haare wehend im Wind, wie kein anderer plakatiert wird: Katja Suding, 35 Jahre alt, PR-Expertin. Ihr größter Coup soll in eigener Sache gelingen: Der Einzug der FDP in die Bürgerschaft – erstmals seit 2004. Die FDP bietet sich für CDU-Wähler an, wäre aber auch kompatibel mit Scholz und seinem wirtschaftsbetonten Wahlkampf. Die eigenen Leute nennen sie einen „Eyecatcher“. Suding ist apart, aber auch politisch die schärfste Waffe der FDP; sie schlägt sich selbst bei der Podiumsdiskussion des DGB gut. Sie könnte das Aha-Erlebnis über Hamburg hinaus werden. Ihr Erfolg wäre auch ein Leuchtfeuer für die FDP und für ihren Chef Guido Westerwelle.