Rom. „Ich habe keine Angst vor der Justiz, ich bin vor den Staatsanwälten noch nie geflohen“, sagte selbstbewusst Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi noch vor wenigen Tagen. Dieses Selbstvertrauen könnte jetzt schwinden. Denn die Strafverfolgungsbehörde in Mailand gab am Mittwoch bekannt, dass sie den 74-Jährigen wegen Amtsmissbrauchs und Begünstigung der Prostitution von Minderjährigen in einem Schnellverfahren anklagen will.
Der zuständige Richter hat nun fünf Tage Zeit, um über den Antrag zu entscheiden. Wird er angenommen, könnte Berlusconi in den nächsten Monaten der Prozess gemacht werden. „Die Beweislage sei eindeutig“, heißt es. Und wenn das der Fall ist, ist die Staatsanwaltschaft berechtigt, sofort Anklage zu erheben.
Seit Monaten gibt es in Italien kein anderes Thema mehr als die Sexaffären des „Cavaliere“. Bei den legendären Partys in seiner Villa bei Mailand soll Berlusconi Sex mit der damals minderjährigen marokkanischen Prostituierten gehabt haben, die sich Ruby Rubycuore, also Herzensbrecherin, nennt. Und sie soll nicht die einzige Minderjährige sein, die bei den Partys mitgemacht hat.
Außerdem habe die Staatsanwaltschaft Beweise dafür, dass der Ministerpräsident sein Amt missbrauchte, um die Marokkanerin aus dem Polizeigewahrsam zu holen. Sie wurde wegen eines Diebstahlverdachts festgenommen. Aus dem Polizeigewahrsam heraus rief sie Berlusconi per Telefon um Hilfe. Er soll die Polizisten angewiesen haben, Ruby frei zu lassen; sie sei eine Nichte des ägyptischen Präsidenten Mubarak.
Die Vorwürfe bestreitet Berlusconi nicht, er hat aber seine eigene Version: Er habe Schaden von Italien abwenden wollen und würde generell helfen, wenn Menschen Hilfe brauchen. Das Gericht beschloss am Mittwoch auch, einen Korruptionsprozess, der ausgesetzt worden war, im März wieder aufzunehmen.