Berlin. . Minister Guttenberg (CSU) und SPD-Mann Steinmeier können nicht miteinander. Und sie machen daraus auch keinen Hehl. Gnadenlose Statements lassen auf stille Verachtung schließen. Ein Schlüsselerlebnis ist die berühmte „Opel-Nacht.“

Gerade war er in Wien, aber selbst dort holte ihn ein Name ein: Guttenberg. Von Frank-Walter Steinmeier wollte der „Kurier“ wissen, was er denn vom Krisenmanagement des Bundesverteidigungsministers halte. „Verdient diesen Namen nicht“, antwortete der Sozialdemokrat. Warum er dennoch beliebt sei? Politisches Personal werde nicht nach Umfragen ausgewählt. Es müsse sich im harten politischen Alltag zeigen. „Dieser Beweis steht bei Guttenberg noch aus.“

Gnadenlose Sätze. Wer aus ihnen stille Verachtung he­raushört, liegt nicht falsch. Kritik ist bei einem Oppositionschef zwar rollengerecht. Aber wenn es gegen Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg geht, wird das Soll übererfüllt. Sie sind sich in inniger Abneigung verbunden. „Leiden“, sagt einer aus dem Umfeld Guttenbergs, „konnten sich die beiden noch nie.“ Schon oft haben sie in den vergangenen Jahren die Klingen gekreuzt: In der Außenpolitik, bei der so genannten Guantànamo-Affäre, in der Großen Koalition, als es um Staatshilfen für Arcandor und Opel ging.

„KT“ auf Platz 1

Auf der Beliebtheitsskala rangiert „KT“ auf Platz eins, zwei Plätze dahinter der SPD-Fraktionsvorsitzende. In der SPD gibt es eine stille Übereinkunft: Kritik am Verteidigungsminister ist in erster Li­nie Steinmeiers Sache.

Sie sind nicht nur in der Sache ein Gegensatzpaar, sondern auch im Wesen und in Stilfragen. Steinmeier wurde im Apparat groß. Er geht bedächtig und planvoll vor. Guttenberg ist ein Stimmungspolitiker; er kann den Kommandanten der Gorch Fock aus spontanem Unmut von Bord holen. Steinmeier hätte eine Nacht drüber geschlafen und alle möglichen Leute eingebunden. Mindestens.

Substanzlos und opportunistisch

Sein Schlüsselerlebnis mit dem CSU-Aufsteiger war die berühmte „Opel-Nacht“ im Mai 2009 im Kanzleramt. „KT“ fuhr ins Amt mit einer Meinung (Keine Beihilfen!), hielt sie als Wirtschaftsminister nicht durch und nahm hinterher in der Öffentlichkeit die Märtyrerpose ein. Seit dieser Episode steht er bei Steinmeier unter Doppel-Verdacht: substanzlos und opportunistisch zugleich zu sein.

Sauer stößt Steinmeier vor allem Guttenbergs Art auf, Sündenböcke zu suchen. So war es in der Kundus-Affäre. So empfindet es Steinmeier im Fall Gorch Fock. Er erwarte, dass Guttenberg „dieses Mal Manns genug ist, seine eigenen Fehler dann auch als solche einzugestehen.“ Guttenberg keilte gleich zurück, Steinmeier balanciere auf dem schmalen Grat zum Hochmut, „da er sich offenbar selbst für fehlerlos hält“. Er könne sich nicht erinnern, dass Steinmeier sich „öffentlich zu seinen Fehlern bekannt hätte“.

Steinmeiers Weg

Frank-Walter Steinmeier wurde 1956 als Sohn eines Tischlers und einer Fabrikarbeiterin in Detmold geboren.
Frank-Walter Steinmeier wurde 1956 als Sohn eines Tischlers und einer Fabrikarbeiterin in Detmold geboren. © AP
Seit 1995 ist er mit der Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender verheiratet. Die beiden haben sich während des gemeinsamen Jurastudiums kennengelernt. Sie haben eine Tochter.
Seit 1995 ist er mit der Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender verheiratet. Die beiden haben sich während des gemeinsamen Jurastudiums kennengelernt. Sie haben eine Tochter. © ddp
Frank-Walter Steinmeier gehört der evangelisch-reformierten Kirche an und wohnt in Berlin-Zehlendorf.
Frank-Walter Steinmeier gehört der evangelisch-reformierten Kirche an und wohnt in Berlin-Zehlendorf. © AFP
Nach seinem Abitur in Blomberg (1974) und seiner Wehrdienstzeit (1974-1976) studierte Steinmeier Rechts- und Politikwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Nach seinem Abitur in Blomberg (1974) und seiner Wehrdienstzeit (1974-1976) studierte Steinmeier Rechts- und Politikwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. © AP
Er bestand beide juristische Staatsexamen und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Gießen. 1991 promovierte er zum Dr. jur. mit der Arbeit „Bürger ohne Obdach – zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum; Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit“.
Er bestand beide juristische Staatsexamen und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Gießen. 1991 promovierte er zum Dr. jur. mit der Arbeit „Bürger ohne Obdach – zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum; Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit“. © AP
Schon als Schüler trat Steinmeier den Jungsozialisten bei. Seit November 1975 ist er SPD-Mitglied.
Schon als Schüler trat Steinmeier den Jungsozialisten bei. Seit November 1975 ist er SPD-Mitglied. © AP
Gemeinsam mit der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries gehörte Frank-Walter Steinmeier während seiner Studienzeit zur Redaktion der linken Quartalszeitschrift
Gemeinsam mit der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries gehörte Frank-Walter Steinmeier während seiner Studienzeit zur Redaktion der linken Quartalszeitschrift "Demokratie und Recht" (DuR). "Demokratie und Recht" gehörte zu dem von der DDR unterstützten Pahl-Rugenstein-Verlag, der unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand. © AP
1991 wurde Steinmeier Referent für Medienrecht und Medienpolitik in der niedersächsischen Staatskanzlei.
1991 wurde Steinmeier Referent für Medienrecht und Medienpolitik in der niedersächsischen Staatskanzlei. © AFP
1993 übernahm er hier die Leitung des persönlichen Büros von Ministerpräsident Gerhard Schröder. Ein Jahr später stieg er zum Leiter der Abteilung für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung auf.
1993 übernahm er hier die Leitung des persönlichen Büros von Ministerpräsident Gerhard Schröder. Ein Jahr später stieg er zum Leiter der Abteilung für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung auf. © AP
Als Gerhard Schröder 1998 zum Bundeskanzler gewählt wurde, folgte ihm Steinmeier nach Bonn. Im November 1998 berief ihn Schröder zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragten für die Nachrichtendienste.
Als Gerhard Schröder 1998 zum Bundeskanzler gewählt wurde, folgte ihm Steinmeier nach Bonn. Im November 1998 berief ihn Schröder zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragten für die Nachrichtendienste. © Getty Images
1999 wurde Steinmeier Chef des Bundeskanzleramtes. In dieser Funktion stand er dem sogenannten
1999 wurde Steinmeier Chef des Bundeskanzleramtes. In dieser Funktion stand er dem sogenannten "Steinmeier-Kreis" vor, dem unter anderem auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement angehörte. Der "Steinmeier-Kreis" beurteilte die aktuelle politische Lage, diskutierte Reaktionen und entwarf Strategien für die Regierung Schröder. © ddp
Steinmeier war ein enger Vertrauter Schröders. Er wirkte meist als Strippenzieher im Hintergrund. Außerdem schrieb er grundlegende Strategiepapiere der SPD, wie die Agenda 2010. Er war auch an der Umsetzung der Hartz-Reformen und der Vorziehung der Steuerreform 2003 beteiligt.
Steinmeier war ein enger Vertrauter Schröders. Er wirkte meist als Strippenzieher im Hintergrund. Außerdem schrieb er grundlegende Strategiepapiere der SPD, wie die Agenda 2010. Er war auch an der Umsetzung der Hartz-Reformen und der Vorziehung der Steuerreform 2003 beteiligt. © ddp
Im November 2005 wurde Steinmeier als Bundesminister des Auswärtigen in die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen.
Im November 2005 wurde Steinmeier als Bundesminister des Auswärtigen in die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen. © AP
Steinmeier lehnte einen frühen Bundeswehrabzug aus Afghanistan ab, sprach sich jedoch gegen eine Stationierung von Bundeswehr-Soldaten im Süden Afghanistans aus.
Steinmeier lehnte einen frühen Bundeswehrabzug aus Afghanistan ab, sprach sich jedoch gegen eine Stationierung von Bundeswehr-Soldaten im Süden Afghanistans aus. © ddp
Im ersten Halbjahr 2007 war Steinmeier Präsident des Rats der Europäischen Union.
Im ersten Halbjahr 2007 war Steinmeier Präsident des Rats der Europäischen Union. © AFP
Im Sommer 2007 befürwortete Steinmeier eine Kanzlerkandidatur von Kurt Beck, den er als Wunschkandidat bezeichnete.
Im Sommer 2007 befürwortete Steinmeier eine Kanzlerkandidatur von Kurt Beck, den er als Wunschkandidat bezeichnete. © AFP
Nach dem Rücktritt von Kurt Beck führte Steinmeier das Amt des Parteivorsitzenden im September und Oktober 2008 kommissarisch aus. Auf einem Sonderparteitag wurde Franz Müntefering zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Nach dem Rücktritt von Kurt Beck führte Steinmeier das Amt des Parteivorsitzenden im September und Oktober 2008 kommissarisch aus. Auf einem Sonderparteitag wurde Franz Müntefering zum neuen Vorsitzenden gewählt. © ddp
Nach dem Rücktritt Franz Münteferings übernahm Frank-Walter Steinmeier am 21. November 2007 die Funktion des Vizekanzlers.
Nach dem Rücktritt Franz Münteferings übernahm Frank-Walter Steinmeier am 21. November 2007 die Funktion des Vizekanzlers. © ddp
Im September 2008 schlug das SPD-Präsidium Steinmeier als Kanzlerkandidaten vor. Steinmeier wurde auf einem SPD-Sonderparteitag mit 95,13 Prozent der gültigen Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 gewählt.
Im September 2008 schlug das SPD-Präsidium Steinmeier als Kanzlerkandidaten vor. Steinmeier wurde auf einem SPD-Sonderparteitag mit 95,13 Prozent der gültigen Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 gewählt. © AFP
Das Direktmandat im Brandenburger Wahlkreis 61 hat Steinmeier gewonnen. Der Außenminister, der einen Wohnsitz in Brandenburg/Havel hat, holte 32,8 Prozent der Erststimmen.
Das Direktmandat im Brandenburger Wahlkreis 61 hat Steinmeier gewonnen. Der Außenminister, der einen Wohnsitz in Brandenburg/Havel hat, holte 32,8 Prozent der Erststimmen. © MSUnger
Trotz des Direktmandats muss sich Steinmeier für das sehr schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl verantworten.
Trotz des Direktmandats muss sich Steinmeier für das sehr schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl verantworten. © AP
Am Dienstag nach der Wahl erklärte zunächst der damalige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, dass er nicht erneut für sein Amt kandidieren werde.
Am Dienstag nach der Wahl erklärte zunächst der damalige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, dass er nicht erneut für sein Amt kandidieren werde. © AP
Und dann folgten die harten Konsequenzen für den gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten: Frank-Walter Steinmeier gab am gleichen Dienstag bekannt, dass er nicht als Parteivorsitzender kandidieren werde.
Und dann folgten die harten Konsequenzen für den gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten: Frank-Walter Steinmeier gab am gleichen Dienstag bekannt, dass er nicht als Parteivorsitzender kandidieren werde. © AP
Allerdings übernahm er den Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion. Nun nimmt er eine Auszeit von der Politik, um seiner Frau eine Niere zu spenden.
Allerdings übernahm er den Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion. Nun nimmt er eine Auszeit von der Politik, um seiner Frau eine Niere zu spenden. © ddp
1/24

Unter Druck gesetzt

Dabei hat es an Gelegenheiten wahrlich nicht gefehlt; dafür hat schon der einfache Abgeordnete Guttenberg gern gesorgt. Mit Steinmeier geriet er mehrfach aneinander. 2007 stritten Union und SPD über einen EU-Beitritt der Türkei – Guttenberg warf Steinmeier Einäugigkeit vor. Er hoffe, „dass der Außenminister sein Regierungsamt stärker ge­wichtet als sein Parteiamt“.

2008 dann setzte er Steinmeier unter Druck, als be­kannt wurde, dass deutsche Polizisten und Soldaten den Sicherheitsapparat des libyschen Diktators schulten. Später warf Guttenberg dem SPD-Mann in der China-Politik eine „stille Schaufensterdiplomatie“ vor.

Zur Stelle

Ende 2008 war er erneut zur Stelle, als der Irak-Krieg im Jahr 2003 aufgearbeitet und bekannt wurde, dass der BND – trotz gegenteiliger Beteuerung des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder – den USA half, Ziele für Bombenangriffe zu finden. Die Vergangenheit hole nun Steinmeier ein, giftete der frühere CSU-Generalsekretär. Sein Name: Karl-Theodor zu Guttenberg.