Duisburg. . Politik ohne Kungelei. Geht das? Eine Konferenz der Universität Duisburg-Essen wollte herausfinden, warum „informelles Regieren“ so verbreitet ist und ob wir das hinnehmen müssen.

Gerd Mielke hat es ausprobiert. Als Scharping Mi­nisterpräsident wurde, wechselte der Politologe in dessen Staatskanzlei, blieb einige Jahre und kehrte dann an die Uni zurück. Was er auf der anderen Seite gesehen hatte, war hässlich. „Zuerst dachte ich noch, dass es in so einer Staatskanzlei ordentlich zu­geht. Aber die Vorstellung ha­be ich mir gründlich abgewöhnt“ – er­zählte Mielke jetzt bei einer Konferenz an der Uni Duisburg-Essen, die sich mit dem „informellen Regieren“ befasste. Es ist das, was die Bürger ablehnend Kungeln nennen.

Und es greift um sich: Ab­geordnete klagen, dass die Po­litik sich von den Parlamenten in die Regierungsapparate verlagert, Bürger argwöhnen, dass dort mächtige Lobbygruppen beim Gesetzeschreiben die Feder führen.

Man muss mit Hoteliers reden

Burkhard Hirsch (FDP) war Minister in NRW. Vor einem Jahr war seine Partei wegen der Spende einer Hotelkette im Gespräch, nachdem sie die Mehrwertsteuer für Hoteliers gesenkt hatte. Hirsch ist also gebranntes Kind, dennoch sag­te er den Politologen: „Der Fehler der FDP war, diese Dankeschönspende anzunehmen. Aber das Gespräch mit den Ho­­teliers ist un­ver­zicht­bar.“ Hirsch will, dass ein Politiker sich ein Bild davon macht, was seine Idee draußen an­richtet. Auch muss er im Parlament sondieren, ob er eine Mehrheit be­kommt. Und das geht nicht vor Publikum.

Soll man das akzeptieren? Ulrich Reitz, Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, beschwor in Duisburg die Regel, wonach Journalisten Vertrauliches vertraulich behandeln. Neuerungen wie das In­ter­netportal Wikileaks weichten diese Regel aber auf. Karl-Rudolf Korte, Politologe, Gastgeber der Konferenz, fragte da­her: Machen Politiker so vieles zur Verschluss-Sache, weil sie der „Tyrannei der Transparenz“ entfliehen wollen?

Strukturelle Dummheit verdirbt den Erfolg

Wenn ja, dann müssen sie aufpassen. Aussteiger Mielke weiß, was passiert, wenn Re­gierende ih­re Pläne nur vier, fünf Vertrauten offenbaren. „Dann werden Entscheidungen auf der Grund­­lage struktureller Dumm­heit getroffen – und es passieren Fehler.“