Freiwillige Aufgabe von Macht, das ist weder in Ägypten, noch in anderen arabischen Staaten Be­standteil der politischen Kultur. Macht wird in dieser Re­gion nicht auf Zeit vergeben, sondern auf Lebenszeit. Politische Eliten richten sich auf Jahrzehnte ein. Politik versteht sich vor allem als Loyalitätspflege und Machtsicherung, nicht als Gestaltung des Gemeinwohls für alle Bürger. Kompromisse, zentrale Übung politischer Mäßigung, gelten als Schwäche. Wer aufmuckt, wird kaltgestellt. Dass sein Volk sich in Massen erheben könnte, Muba­rak ist das offenbar nie in den Sinn gekommen. Jetzt setzt er Schläger in Marsch und steuert das Land noch tiefer ins Chaos.

30 Jahre Allmachtswahn haben hohe gesellschaftliche Hypotheken aufgetürmt. So gibt es praktisch keine Persönlichkeiten, die in dieser Schicksalsstunde zwischen den Autokraten und der re-bellischen Jugend vermitteln könnten. Ägypten hat keinen Mandela. In Europa haben runde Tische den Übergang in ein demokratisches Zeitalter moderiert. In Ägypten scheitert sowas vermutlich schon am Einvernehmen über den Ort eines solchen Treffens. Die Oppositionsparteien sind chaotische Haufen, die nur der Ruf nach Mubaraks Rücktritt zusammenschweißt. Das Land hat mehr Probleme als einen Präsidenten, der nicht zurücktreten will.