Kiel. . In einem offenen Brief hat sich die Besatzung der Gorch Fock an die Öffentlichkeit gewandt. Die Marinesoldaten stellen sich darin vor ihren Kommandanten Norbert Schatz und kritisieren dessen Absetzung durch das Verteidigungsminister Guttenberg.

Die Besatzung des Bundeswehr-Schulschiffs „Gorch Fock“ hat Medienberichten zufolge in einem offenen Brief an Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegen die Ablösung ihres Kommandanten Norbert Schatz protestiert. „Uns ist allen mehr als unverständlich, einen Kommandanten, der allseits beliebt ist, gut zu seiner Besatzung war und viele Entbehrungen auf sich und seine Familie genommen hat, um das Schiff gut zu führen, so abzuservieren, wie es hier der Fall war“, zitierte die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ vom Samstag aus dem Schreiben mit Datum vom Freitag. „Auch fehlte uns der Rückhalt unserer übergeordneten Dienststellen“, hieß es weiter.

Untersuchungen dauern an

Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte zunächst nur die Existenz des Briefs, aus dem auch andere Medien zitierten. „So lange wir nicht wissen, wer den Brief geschrieben hat, können wir aber nichts über dessen Echtheit sagen“, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur AFP am Freitagabend.

Im argentinischen Hafen Ushuaia, wo das Schiff derzeit vor Anker liegt, nahm indes eine Untersuchungskommission unter Leitung von Marineamts-Chef Horst-Dieter Kolletschke ihre Arbeit auf. Dessen Sprecher sagte AFP, die „Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Unfall“ sollten durch eine Befragung der „Kadettencrew genau untersucht“ werden. es sei absehbar, dass dies „eine Weile“ dauern könne. Auf der „Gorch Fock“ war im November eine Soldatin bei einem Sturz aus der Takelage auf das Deck ums Leben gekommen.

Kanzlerin nimmt Guttenberg in Schutz

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich nach den jüngsten Vorfällen bei der Bundeswehr gegen eine pauschale Kritik an der Truppe gewandt. "Es ist unverzichtbar, all das umfassend aufzuklären", sagte sie dem "Hamburger Abendblatt" (Samstagsausgabe). "Dennoch sollten wir durch solche furchtbaren Unfälle und Vorfälle nicht die Bundeswehr als Ganzes in Frage stellen." Es handele sich um "Einzelfälle", die öffentlich diskutiert und aus denen die nötigen Schlüsse gezogen würden.

Zugleich nahm sie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegen Angriffe der Opposition in Schutz. Guttenberg handele "vollkommen richtig". "Sinnlose oder sogar demütigende Rituale haben in der Bundeswehr keinen Platz. Das widerspricht unserem Leitbild vom Staatsbürger in Uniform. Und wenn es jetzt Hinweise auf Vorgänge gibt, dann ist es Aufgabe des Ministers, sie untersuchen zu lassen, und genau das tut er."

Minister unter Druck

Guttenberg steht derzeit wegen der Vorfälle auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock", wegen des tödlichen Schießunfalls in Afghanistan und wegen geöffneter Feldpostbriefe unter Druck. Merkel verteidigte die Suspendierung des Kommandeurs der "Gorch Fock". Damit sei "kein Urteil gesprochen". Die Abberufung diene auch dem Schutz des Betroffenen, solange die Vorgänge an Bord untersucht würden. (afp)

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