Berlin. . Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg hat den Kapitän der Gorch Fock gefeuert - auch, um sich selbst zu retten. Die übereilte Personalentscheidung zeigt, wie sehr der Minister unter Druck steht.

Verstehe noch einer diesen Verteidigungsminister. Noch am Freitagnachmittag im Bundestag wies Karl-Theodor zu Guttenberg alle Forderungen nach vorschnellen Konsequenzen im Zuge der jüngsten Bundeswehr-Skandale geradezu empört zurück.

Getreu der in der Sache richtigen Devise 1) Aufklären 2) Bewerten 3) Entscheiden 4) Ruhe bewahren stellte sich der oberste Dienstvorgesetzte von rund 300 000 Bundeswehrangehörigen breit vor die Truppe. Respekt.

Ermittlerteam war bereits eingesetzt

Auch vor Kapitän Norbert Schatz, den 12. und womöglich letzten Kommandanten der Gorch Fock, die seit 1958 auf den Weltmeeren als schwimmende Botschafterin Deutschlands unterwegs ist.

Zur Klärung der gewiss erdrückenden Vorwürfe von ehemaligen Kadetten, die Schatz, seinen obersten Offizieren und Ausbildern im Umfeld des tödlichen Sturzes einer 25-jährigen Offiziersanwärterin aus der Takelage Drangsalierung, Erniedrigung und Nötigung vorgeworfen hatten, wurde ein Team von Ermittlern der Marine in Gang gesetzt.

Geringschätzung und Vorverurteilung

Nicht irgendeins: Unter Führung des zweithöchsten Marine-Soldaten, Konteradmiral Kolletschke, sollte in der nächsten Woche an der Südspitze Feuerlands, wo die Gorch Fock zwangsweise vor Anker liegt, ausführlich untersucht werden, ob sich der berühmte Dreimaster unter Schatz tatsächlich zu einem Schinderschiff entwickelt hat, das den Prinzipien der Inneren Führung der Bundeswehr längst davon gesegelt ist. Auf diesen Teil der Untersuchung hatte gerade der Wehrbeauftragte des Bundestages, der die Klagen der Kadetten öffentlich machte, gesteigerten Wert gelegt.

Guttenberg hat mit seiner hastigen Personalentscheidung, die der Öffentlichkeit auch noch stillos über eine Sonntagszeitung zur Kenntnis gegeben wird, verfrüht Fakten geschaffen.

Diese Form der Geringschätzung und Vorverurteilung, die für Schatz wohl das Karrierende bedeutet, ist bei Licht betrachtet das genaue Gegenteil einer vernünftig ausgeübten Fürsorgepflicht gegenüber Schutzbefohlenen.

Der Minister wusste nicht genug

Die Gründe liegen nahe. Und sie stimmen nicht froh. Guttenberg steht enorm unter Druck. In allen drei Skandal-Fällen – Todesschuss in Afghanistan, aufgebrochene Feldpost und eben die Verhältnisse auf der Gorch Fock - machte der Publikumsstar der Regierung Merkel in der Sache die ganze Woche überhaupt keine „bella Figura“. Sein Bild vom Überflieger ohne Tadel bekommt Kratzer.

Er wusste nicht genug. Entweder, weil er nicht genug wissen wollte. Oder weil ihn sein Haus nicht früh und umfassend ins Bild gesetzt hat. Beides wäre skandalös.

In einer ähnlichen Situation, in der Affäre um die Tanklastzug-Bombardierung 2009 bei Kundus, hat Guttenberg quasi als Entlastungsangriff zwei Top-Leute des Ministeriums gefeuert. Eine Kurzschluss-Reaktion, die ihm von Verteidigungsexperten bis heute angekreidet wird und seinen Ruf nach innen nicht gebessert hat.

Zu Guttenberg simuliert Führungsstärke

Anstatt die Nerven zu behalten und die Geschehnisse auf der Gorch Fock in Ruhe und Sorgfalt aufzuarbeiten und dann die nötigen personellen Schritte zu vollziehen, ist der Minister dieser Hau-Ruck-Methode treu geblieben. Er simuliert Führungsstärke, übt sie aber nicht wirklich aus.

Fazit: Unter Druck reagiert Karl-Theodor zu Guttenberg wie ein Getriebener. Der Wind aus den eigenen Reihen, die er für die Umsetzung der ehrgeizigen Bundeswehr-Reform dringend gebraucht, wird ihm noch stärker als bislang ins Gesicht wehen.