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Aus dem verflixten siebten Jahr ist das verflixte 25. Jahr geworden: Scheidungen im Alter sind längst keine exotischen Einzelfälle mehr. Dennoch ernten die 55-, 65- oder 75-Jährigen Kopfschütteln oder betretenes Schweigen in ihrer Umgebung.
Muss das noch sein, jetzt, da der Sohn endlich das Abitur hat, da endlich Zeit und Geld da sind für Reisen, für das Theaterabo, für all die Freiheiten, die sich die Eheleute jahrzehntelang versagt hatten?
Doch was die Umwelt von einem älteren Ehepaar wahrnimmt, hat mitunter wenig mit der Realtiät zu tun. So fit und voller Tatendrang sie, die Gattin sein mag – wenn der Ehepartner nun nicht mitzieht, womöglich seinen Ruhestand so dahinplätschern lässt, dann macht sie eben nicht mehr mit. Vor allem, wenn sie sehr unter ihrer Ehe litt. Der Gedanke, den Partner, einen notorischen Fremdgeher, Choleriker und/oder wortlosen Ignoranten auch noch pflegen zu müssen, gibt oft den Anstoß.
Es mag auch umgekehrt zugehen, doch in der Tat sind es drei von vier Frauen, die sich noch im Alter trennen wollen – und es sind Frauen, die diese späte Scheidung besonders in den Ruin treibt, da sie häufig die Unabhängigkeit mit dem ersten Kind aufgegeben haben.
Apropos Kinder: Wenn Eltern die Scheidung aufschieben, ersparen sie ihnen nicht unbedingt Leid, sagt die Psychologin Insa Fooken. „Sie fühlen sich betrogen, fragen sich: ‘War die glückliche Familie, die ich erlebt habe, nur gespielt?’“
Was zeigt: Eine Scheidung ist nun mal häufig ein dramatisches Ereignis und gewissermaßen auch ein privates Scheitern. Davor schützt auch das Alter nicht.