Berlin. .

So etwas nennt man einen geordneten Rückzug. Wenn die Führungsleute der CDU im Saarland heute in Klausur gehen, dann leitet Ministerpräsident Peter Müller seinen Abgang ein. Er wird nach Karlsruhe wechseln.

Seit 1999 ist Peter Müller im Amt. Dieses Jahr wird der Mann 56 Jahre alt und nimmt die Schlussetappe seiner Karriere in Angriff. Müller will — die Spatzen pfeifen es von den Dächern – nach Karlsruhe wechseln und Verfassungsrichter werden.

Für ihn schließt sich ein Kreis. Er ist ein Einser-Jurist und war vor der Politik schon Richter. Für Karlsruhe wird man jeweils für zwölf Jahre gewählt und muss spätestens mit 68 aufhören. Es passt alles. Auch politisch ist der Wechsel ausgemachte Sache.

Er ist Teil eines Personalpakets von Union und SPD, das fünf Richter einschließt. Vier wurden im Herbst gewählt. Drei wurden von SPD oder Grünen vorgeschlagen und wurden von der Union mitgetragen. Müller beendet die Rochade. Nun sollen die Sozialdemokraten stillhalten.

Enparteipolitisierung am Gericht

Der Wechsel eines so aktiven Politikers wirft Fragen auf: Urteilt er über Gesetze, die er im Bundesrat selbst mitbeschlossen hat? Und was ist etwa, wenn Bayern, Baden-Württemberg und Hessen die Drohung wahr machen, wegen des Länderfinanzausgleiches nach Karlsruhe zu ziehen, von dem gerade das Saarland profitiert?

16 Richter sitzen in Karlsruhe, acht pro Senat. In jedem Senat müssen nach dem Gesetz drei Richter aus Bundesgerichten kommen. In der Besetzung der anderen Stellen ist die Politik frei. Es können Wissenschaftler sein wie der amtierende Präsident Andreas Voßkuhle, Anwälte oder auch Politiker wie zuletzt der Thüringer Innenminister, Peter Michael Huber. Oft waren sie „von Hause aus“ allerdings Staatsrechtler. „Hier wird je­der entparteipolitisiert“, be­teuert Voßkuhle. Ein Mann wie Müller hätte allerdings ein „Abklingbecken“ extrem nö­tig. Auch deshalb spekuliert man darüber, dass er schon vor der Richterwahl im Herbst aufhört, um nicht direkt von der Staatskanzlei nach Karlsruhe zu wechseln.

Strippenzieher

Die FDP hätte es lieber gehabt, wenn er in Saarbrücken bliebe. Er fädelte die Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen ein und ist ein Stabilitätsfaktor, der nun entfällt. Außerdem war die FDP irritiert, weil die Union die Personalie im Dezember schon gehandelt hat, ohne sich mit ihrem Koalitionspartner in Berlin abzustimmen.

Wer Richter wird, entscheidet ein Wahlausschuss, in dem Strippenzieher wie der CDU-Fraktionsmanager Peter Altmaier – ein Saarländer – und für die SPD Ex-Justizministerin Brigitte Zypries sitzen. Das Gremium muss mit Zwei-Drittel-Mehrheit entscheiden – faktisch im Konsens. Es ist klar geregelt, welche Partei wie viele Richter stellt.

Wahlen als Unsicherheitsfaktor

Peter Müller soll Udo di Fabio ablösen, der aus Duisburg-Walsum stammt, nach zwölf Jahren nicht wiedergewählt werden kann. Seine Nachfolge steht dem Bundesrat zu, nach dem Proporz ist die CDU dran. Ein Unsicherheitsfaktor ist, dass 2011 in sieben Ländern gewählt wird. Ob sich die neu gewählten Regierungen an die Zusagen ihrer Vorgänger auch halten? Eine verbindliche Zusage der SPD für Müller gibt es zwar nicht. Aber es ist auch nicht zu erwarten, dass sie Absprachen bricht.

Es ist derzeit vieles im Fluss. Schon im März soll für den Bundesfinanzhof ein neuer Präsident gewählt werden. Im Gespräch ist der Karlsruher Richter Rudolf Mellinghoff, dessen Nachfolge die CDU bestimmen würde. Dazu müsste er erst zum Zuge kommen. Das entscheidet wiederum in Berlin die Justizministerin mit FDP-Parteibuch.

Schleierhaft

Für Außenstehende ist die Richterkür schleierhaft. Seit Ja­hren wird Transparenz ge­fordert. Aber wahr ist auch, dass das Verfassungsgericht größtes Ansehen genießt. Zu schlechten Ergebnissen führte die Kungelei der Parteien nie.