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Apple-Chef Steve Jobs zieht sich aus dem operativen Geschäft des Elektronikkonzerns zurück. Droht jetzt das Ende der Erfolgsgeschichte?

Um zu verstehen, wie dieser Mann tickt, reicht der Blick auf ein Bild aus den Anfangstagen des heute wertvollsten Elektronik-Konzerns der Welt. Darauf zu sehen: Steve Jobs, heute allgegenwärtiger Apple-Boss, mit seinem damaligen Partner Steve Wozniak. Die bärtigen Männer scherzen, beugen sich über Computer, die aussehen wie Schreibmaschinen und nichts gemein haben mit den Wunderdingern, die die Apple-Fa­briken heute verlassen. Trotzdem: In den Blicken der beiden ist die Begeisterung zu spüren, dieser unbedingte Wille, es den Großen der Branche zeigen zu wollen. Das ist Jobs gelungen. Umso schwerer muss ihm der Entschluss gefallen sein, sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen.

Der Zeitpunkt war gut ge­wählt: In den USA war der Montag ein Feiertag, die Wall Street hatte ihre Pforten erst gar nicht geöffnet. Jobs richtete nur knappe Worte an die Belegschaft seines Unternehmens: „Liebes Team, auf meinen Wunsch hat mir der Verwaltungsrat eine medizinische Auszeit zugebilligt, so dass ich mich auf meine Gesundheit konzentrieren kann.“

Fluch und Segen

Die Antwort der Weltwirtschaft ließ nicht lange auf sich warten. Die Apple-Aktie sackte an anderen Handelsplätzen zeitweilig um über sieben Prozent ab. Dabei hatte das Unternehmen nicht etwa schlechte Zahlen verkündet. Der US-Konzern steht so gut da wie nie: 320 Milliarden Euro war Apple vergangene Woche wert, nur der Ölkonzern Exxon Mobile ist wertvoller. Allein die Sorge um Jobs’ Gesundheit ließ die Apple-Aktie auf Talfahrt gehen.

Die Fixiertheit auf eine Person ist für Apple Fluch und Segen zugleich. Jobs war es, der das Unternehmen Ende der 70er-Jahre aufbaute, er war mit 26 einer der jüngsten Selfmade-Millionäre der Welt. Der heute 55-Jährige war es, der Apple nach einem Streit in den 80er-Jahren verließ, der, als es dem Unternehmen schlecht ging, zurückkehrte und Apple wieder auf die Erfolgsspur setzte. Sein Rezept: Jobs war einer der ersten, der er­kannte, dass Computer nicht zwingend hässliche graue Kästen sein müssen, die den Schreibtisch verschandeln, sondern sogar als hübsche Wohn-Accessoires taugen.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Jobs eine Auszeit vom Apple-Kosmos nimmt. Seit 2004 kämpft er gegen den Krebs, einen besonders heimtückischen dazu. Seine Bauchspeicheldrüse ist befallen. Damals versucht er die Krankheit noch zu verheimlichen, später geht er damit offensiver um. Als er eine neue Leber braucht, übergibt er Anfang 2009 für ein halbes Jahr die Geschäfte an seinen treuen Gefolgsmann und Apple-Vizechef Tim Cook, der auch jetzt wieder das Ruder übernehmen soll. Jobs will das Zepter aber nicht komplett aus der Hand legen: „Ich bleibe als CEO und bin in wichtige strategische Entscheidungen eingebunden“, ließ er wissen.

Abgang zur Unzeit?

Das kann die Anleger nur bedingt beruhigen. Nicht, weil Tim Cook etwa der schlechtere Manager wäre. Der 50-jährige Amerikaner hat einfach nicht die Strahlkraft seines Chefs. Apple hat keine Kunden, Apple hat Verehrer. Und schuld am Kult ist Steve Jobs. Weil er Neuvorstellungen seiner Firma zu wahren Messen für Technikfans werden lässt. Weil er Techniktrends setzt („Wir erfinden das Mobiltelefon neu“). Und weil es seinem Unternehmen gelingt, all diese technischen Spielzeuge auch noch ansprechend zu verpacken. Fans verzeihen Apple dann auch gern einmal, dass ein Computer der Kalifornier das Doppelte dessen ei­nes leistungsgleichen Mo­dells vom Elektrodiscounter kostet.

Einige Analysten meinen, Jobs Abgang komme zur Un­zeit. Erstmals hat Konkurrent Google mehr Multimedia-Handys mit seinem Betriebssystem Android verkauft als Apple iPhones am Markt platzieren konnte. Der US-Suchmaschinen-Anbieter versuche, Jobs’ Konzern auch auf anderem Gebiet Paroli zu bieten und plane einen On­line­Shop für Musik und Filme, heißt es. Mit einem solchen hatte Jobs 2003 den Markt revolutioniert. Pionierarbeit, die ihm auch den Titel „iGod“ einbrachte. Doch dem Herrscher der Technikwelt geht es schlecht. Und niemand weiß, ob er jemals wieder auf seinen Thron zurückkehren wird.