Berlin. .

Der mögliche Einsatz von deutschen Aufklärungsflugzeugen über Afghanistan sorgt für Streit in der Koalition. Während Westerwelle einen Awacs-Einsatz kategorisch ablehnt, will Verteidigungsminister Guttenberg Aufklärunsflüge nicht ausschließen.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Außenminister Guido Westerwelle haben ihren Streit über die Afghanistan-Politik auf den neuen Awacs-Einsatz der Nato ausgeweitet. Ein Sprecher Guttenbergs kündigte am Freitag an, Deutschland werde eine Beteiligung an der Mission nach den ersten drei Monaten des Nato-Einsatzes prüfen. Der Minister stellt sich damit klar gegen Westerwelle, dessen Ministerium eine deutsche Beteiligung in den kommenden zwölf Monaten ausschließt. Die Bundesregierung habe ein Afghanistan-Mandat beschlossen, das keinen Awacs-Einsatz umfasse, und dieses Mandat gelte für ein Jahr, betonte der Sprecher des Außenministeriums. Der Awacs-Einsatz soll der Flugsicherung im zunehmenden zivilen und militärischen Luftverkehr über Afghanistan dienen.

Miteinander gesprochen haben die zerstrittenen Minister über das Thema offenbar nicht. Ihm persönlich sei von einem Telefonat nichts bekannt, sagte Guttenbergs Sprecher. Westerwelle hatte am Rande eines Besuchs in Kabul am Sonntag überraschend verkündet, Deutschland werde sich vorerst nicht am neuen Awacs-Einsatz beteiligen. Einig ist sich die Bundesregierung allerdings darin, dass für einen Awacs-Einsatz ein neues Mandat des Bundestags eingeholt werden müsste.

Zwist wegen Afghanistan

Deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Guttenberg und Westerwelle hatten sich bereits in der Debatte über den Beginn des Truppenabzugs vom Hindukusch gezeigt. Während Westerwelle darauf beharrte, den Abzug der ersten deutschen Soldaten bereits Ende 2011 im neuen Mandat festzuschreiben, warnte Guttenberg vor voreiligen Festlegungen. Der Abzug müsse verantwortungsvoll geschehen. „Vor dem Hintergrund ist es mir völlig wurscht, ob man das Jahr 2004 oder 2013, 2010 oder 2011 oder 2012 nennt“, sagte der CSU-Politiker in einem Interview - ein klarer Affront gegen Westerwelle. Im Mandat steht nun die Formulierung, dass die Sicherheitslage einen Abzug zulassen muss. In Afghanistan kamen 2010 so viele ausländische Soldaten um wie nie seit dem Sturz der Taliban 2001.

Die Nato hat den Awacs-Einsatz zunächst für 90 Tage ohne deutsche Mitwirkung freigegeben. Die Awacs-Flugzeuge der Nato sind jedoch im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen stationiert, rund ein Drittel der Besatzungen besteht aus Deutschen. Ein Einsatz der fliegenden Radarstationen ohne deutsche Beteiligung ist daher nur sehr schwer und auf befristete Zeit möglich.

Verlängerung des Mandats ungewiss

Bisher überwachen die USA mit eigenen Awacs-Maschinen den Luftraum über Afghanistan und leisten damit auch die Flugsicherung für den zunehmenden Flugverkehr am Hindukusch. Sie hatten die Alliierten schon früher um Entlastung gebeten. Vor einem Jahr scheiterte der Einsatz der Nato-Maschinen jedoch an fehlenden Transitrechten unter anderem für Turkmenistan und an Problemen mit der geplanten Stationierung in den Golfstaaten. Der Bundestag hatte die deutsche Beteiligung damals gebilligt, diesen Teil des Mandats später jedoch auslaufen lassen.

Derzeit sind 4900 deutsche Soldaten am Hindukusch im Einsatz. Die Mandatsobergrenze liegt bei 5000 Soldaten plus einer Reserve von 350 Soldaten, deren Entsendung eigens begründet werden muss. Am 28. Januar entscheidet der Bundestag über eine Verlängerung des Mandats. (rtr)