Teheran. Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Iran sind laut Opposition bereits mehr als 140 Menschen festgenommen worden. Iranische Medien veröffentlichten am Donnerstag eine Liste mit 71 Reformpolitikern, die inhaftiert wurden. Außerdem seien am Mittwoch 70 Professoren abgeführt worden.

Im Zusammenhang mit den Protesten gegen die umstrittene Präsidentschaftswahl im Iran sind nach Oppositionsangaben mehr als 140 Menschen festgenommen worden. Die reformorientierte Tageszeitung «Etemad» veröffentlichte am Donnerstag eine Liste mit 71 Reformpolitikern, Journalisten und Wahlkampfmitarbeitern des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mir-Hossein Mussawi, die seit dem Urnengang am 12. Juni festgenommen wurden.

Auf Mussawis Internetseite wurde zudem eine Liste mit 70 weiteren Namen von Universitätsvertretern sowie Mitgliedern islamischer Vereinigungen veröffentlicht, die den Angaben zufolge nach einem Treffen mit dem Politiker am Mittwoch festgenommen wurden. Über ihren Verbleib sei nichts bekannt. Beobachter werteten die Festnahmen als weiteres Zeichen eines verschärften Vorgehens der Behörden gegen die Oppositionsbewegung.

Trauermarsch abgesagt

Der unterlegene Kandidat bei der iranischen Präsidentschaftswahl, Mehdi Karubi, hat unterdessen einen für Donnerstag geplanten Trauermarsch in Teheran abgesagt. Laut der Internetseite von Karubis Partei soll der Trauermarsch zum Gedenken an die Toten bei den Demonstrationen nun in der kommenden Woche stattfinden. Trotz aller Bemühungen sei es Karubi nicht gelungen, einen Ort für die Veranstaltung zu finden.

«Es ist sehr bedauerlich, dass in dieser Situation nicht einmal politischen Führern wie Karubi ein Ort für eine Trauerveranstaltung zugesprochen wird», heißt es auf der Seite. Die Zeremonie solle nun in der kommenden Woche in der Universität von Teheran oder auf einem Friedhof stattfinden.

Proteste im Keim erstickt

Das Innenministerium hatte zuvor alle Protestkundgebungen der Opposition verboten. Seit dem Beginn der Proteste vor zehn Tagen kamen nach offiziellen Angaben mindestens 17 Menschen ums Leben. Die Opposition wirft der Führung in Teheran vor, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni gefälscht zu haben. Nach offiziellen Angaben unterlag der gemäßigte Konservative Mir-Hossein Mussawi dem ultrakonservativen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad deutlich.

Seit Tagen gehen die iranischen Sicherheitskräfte mit großer Härte gegen die Demonstranten vor. Am Mittwoch wurden alle Versuche, dennoch zu demonstrieren, im Keim erstickt. Mit Spannung wurde deshalb darauf gewartet, wieviele Menschen an dem von Karubi ausgerufenen Trauerzug teilnehmen würden. Donnerstag ist traditionell der Wochentag, an dem die Iraner ihrer Toten gedenken.

USA laden iranische Diplomaten wieder aus

Unterdessen hat die US-Regierung Einladungen an iranische Diplomaten zur Teilnahme an den Feierlichkeiten zum amerikanischen Nationalfeiertag wieder zurückgezogen. «Im Lichte der ungerechten Aktionen» gegen die Oppositionsbewegung in Teheran wäre eine Teilnahme iranischer Diplomaten am 4. Juli nicht angemessen, erklärte US-Außenministerin Hillary Clinton am Mittwoch in einem Schreiben an Mitarbeiter des State Departements im Ausland. «Leider haben sich die Umstände geändert.»

Allerdings hat bisher nach Angaben des Ministeriums kein iranischer Diplomat eine solche Einladung angenommen. Der frühere Beschluss, iranische Vertreter zu den Feiern einzuladen, galt als Geste des guten Willens, mit der die US-Regierung ihre Absicht zur Entspannung unterstreichen wollte. Die besondere Erlaubnis des Außenministeriums war erforderlich, weil die USA und der Iran keine diplomatischen Beziehungen unterhalten.

Hacker-Angriff auf Universitäts-Server

Sympathisanten der iranischen Regierung hatten am Mittwochnachmittag mit einem Hackerangriff den Web-Server einer amerikanischen Universität vorübergehend lahmgelegt. Der Zugang zur Universität von Oregon wurde am Mittwoch automatisch umgeleitet auf eine Webseite, die US-Präsident Barack Obama aufforderte, sich nicht in die iranischen Angelegenheiten einzumischen. Es habe bei der Präsidentenwahl vom 12. Juni keinen Betrug gegeben, hieß es dort weiter.

Diese Mitteilung war etwa 90 Minunten online, ehe Techniker der Universität den früheren Zustand wiederherstellten. Die Angreifer hätten keinen Zugang zu Personalcomputern der Uni gehabt, sagte Uni-Sprecherin Diane Saunders. Auch sei keine Schadenssoftware entdeckt worden. (afp/ap)