Oldenburg. .

Im Dioxin-Skandal wird der Ton immer schärfer. Jetzt hat es Mord-Drohungen gegen den Futtermittelhersteller Harles & Jentzsch gegeben. "Wir machen Euch fertig", wettern Unbekannte. Zudem werden die Mitarbeiter der Firma als "Mörder" beschimpft.

Im Dioxin-Skandal hat es Mord-Drohungen gegen den Geschäftsführer des Futtermittelherstellers Harles & Jentzsch in Uetersen (Schleswig-Holstein), Siegfried Sievert, und drei seiner Mitarbeiter gegeben. Das berichtet das Bielefelder "Westfalen-Blatt". Die Polizei sei über die Drohungen, die an mehreren Tagen am Telefon und per E-Mail eingegangen seien, informiert worden, sagte Sievert der Zeitung. Mitarbeiter seien als "Mörder" beschimpft und unter anderem mit den Worten "Wir machen euch fertig" bedroht worden.

"Wir sind ziemlich deprimiert und können die Firma eigentlich dicht machen", sagte Vertriebschef Klaus Voss dem Blatt. Die Verunreinigung von Futterfett mit Dioxin sei ein Einzelfall gewesen und von der Firma selbst gemeldet worden. Die betroffenen Lieferungen könnten genau eingegrenzt werden. Es habe keine Verunreinigungen über Jahre gegeben.

Am Donnerstag erfolge in der Firma eine Bestandsaufnahme. Danach werde entschieden, ob notfalls Insolvenz angemeldet wird, berichtet die Zeitung.

Razzia in Spedition

Neben dem Betrieb des Futterfett-Lieferanten in Schleswig-Holstein ist am Mittwoch auch eine Spedition im niedersächsischen Bösel durchsucht worden. Deren Geschäftsführer stünden im Verdacht, an Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht beteiligt gewesen zu sein, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg. Beamte entnahmen demnach bei der Razzia am Mittwoch Proben aus dem Tanklager und sicherten sämtliche Korrespondenz und Lieferunterlagen, die die Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten des dioxinbelasteten Futterfetts betreffen.

Die Oldenburger Staatsanwaltschaft prüft unter anderem, ob die Spedition wissentlich die betreffenden Fette eingelagert und gemischt hat. Zudem nahmen die Ermittler Proben beim Biodiesel-Hersteller Petrotec in Emden, gegen den jedoch kein Tatverdacht der Beteiligung bestehe. Petrotec hatte die für die Papierproduktion bestimmten Mischfettsäuren über einen niederländischen Zwischenhändler an den schleswig-holsteinischen Mischfett-Lieferanten Harles und Jentzsch verkauft.

Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen futtermittelrechtliche Vorschriften

Das Unternehmen aus Uetersen hatte nach Angaben der Bundesregierung insgesamt etwa 3000 Tonnen davon an 25 Futterhersteller vor allem in Niedersachsen, aber auch in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg geliefert. Das mit Dioxin belastete Tierfutter wiederum war an hunderte Bauernhöfe verkauft und dort an Legehennen und Masttiere verfüttert worden. Insgesamt mehr als 1200 Betriebe vor allem in Niedersachsen sind derzeit größtenteils vorsorglich gesperrt. Hoch dosiert kann Dioxin Krebs auslösen.

Auch den Betrieb in Uetersen durchsuchten Polizisten und Staatsanwälte am Mittwoch. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe hatte am Dienstag Ermittlungen wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen futtermittelrechtliche Vorschriften aufgenommen. Der Geschäftsführer von Harles und Jentzsch, Siegfried Sievert, hatte in einem Zeitungsinterview einen leichtfertigen Umgang mit Fettsäuren aus der Herstellung von Biodiesel eingeräumt. Verbraucherschutzministerin Aigner erklärte am Rande der CSU-Klausursitzung in Wildbad Kreuth zu dem Vermischen von Industrie- und Futterfetten: "Ich halte das nicht für glaubwürdig, was hier gesagt worden ist." Sie bezog sich auf Äußerungen der Firma Harles und Jentzsch. Die hatte angegeben, technische Fette seien durch ein Versehen zu den Fetten für Tierfutter gemischt worden. Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten das Betriebsgelände der Firma am Mittwoch.

Aigner forderte die Länder erneut auf, dafür zu sorgen, dass verdächtiges Futter- und Lebensmittel sofort zurückgenommen werden. Nach ihren Worten gibt es

noch keinen vollständigen Überblick über die Verbreitung des verdächtigen Futters.

Auch am Mittwoch blieben bundesweit über 1000 Höfe für den Handel gesperrt, die meisten davon in Niedersachsen. In Nordrhein-Westfalen wurde am Mittwoch die Sperrung über zwei Betriebe aufgehoben, nachdem am Dienstagabend 139 vorsorglich mit einem Handelsverbot belegt wurden. Vertreter bäuerlicher Organisationen kündigten Schadensersatzforderungen an.

Die Debatte über die Konsequenzen des Skandals hielt an. Thüringens Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" deutlich schärferer Strafen bei Verstößen gegen das Lebens- und Futtermittelrecht. Die grüne Agrarexpertin Ulrike Höfken forderte, Futterfett-Betriebe müssten besonderen Kontrollen unterliegen. Die Agrarminister der Länder wollen noch im Januar über Konsequenzen aus dem Skandal beraten.(afp/rtr)