Berlin. Auf ihrem Parteitag demonstriert die FDP Geschlossenheit. Doch nach innen bröselt der Kitt. Und die Luft zum Atmen wird eng. So wird es eng.
Wenn Bergsteiger den Mount Everest erklimmen, beginnt unterhalb von 8000 Metern die Todeszone. Der Sauerstoff wird extrem knapp, jeder Schritt zur Qual, dem Körper droht der Kollaps. Eine Todeszone gibt es auch in der Politik – allerdings sehr weit unten, bei drei, vier Prozent in den Umfragen. Die FDP kämpft mit der Luftnot.
Die Liberalen haben längst nicht mehr den Gipfel im Blick. Es geht ums politische Überleben. Das Ziel: fünf Prozent der Stimmen bei der anstehenden Bundestagswahl. Im Fokus vor allem: Spitzenkandidat Christian Lindner – momentan die einzige Figur im liberalen Kosmos, der man es überhaupt zutraut, der Partei noch einen Sauerstoff-Boost zu verabreichen. Das wird auch auf dem kleinen Parteitag am Wochenende in Potsdam deutlich. Und vielleicht beginnt mit dem (zu) starken Fokus auf Lindner schon das Problem der FDP.
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Ein weiteres Problem: Die Partei demonstriert Geschlossenheit und Zuversicht auf dem Treffen, klatscht minutenlang für Lindner. Zugleich ist klar: Die Liberalen sind zerrissen zwischen zwei Formen des Liberalismus – dem sozialliberalen Programm, mit Offenheit für gesellschaftliche Lebensformen, Legalisierung von Cannabis und Partnerschaftsrecht. Und dem nationalliberalen Kurs einer harten Migrationspolitik, gepaart mit Steuerprivilegien für Besserverdiener und dem Festhalten an der Schuldenbremse.
Lindners Kurs ist seit Wochen klar: Wirtschaft first, und Sicherheit als Teil einer liberalen Agenda, dazu: maximale Abgrenzung zu den Grünen. Das hätte funktionieren können. Doch dann kam die Abstimmung im Bundestag, in der die CDU gemeinsam mit der AfD ein Gesetz zur Asylpolitik durch das Parlament boxen wollte. Ein Viertel der liberalen Fraktion machte da nicht mit. Die Folge: interne Verwerfungen, Frust, Wut. Und das mitten im Wahlkampf-Finale. Der Parteitag konnte den Riss vielleicht kitten – die Narbe bleibt.
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Die FDP wirkt politisch desorientiert, vor allem aber wenig innovativ. Keine überraschenden Forderungen, kein Alleinstellungsmerkmal abseits solider Haushaltspolitik. Diese Vernunft der Mitte ist in Zeiten des Populismus viel wert. Nur: Im Wahlkampf-Getöse von Union hier und SPD und Grünen dort droht die FDP zu ersticken.
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