Wien. Österreichs Rechtsextreme sind erfreut über Merz‘ Migrationspolitik. Entspreche diese doch der Kernforderung nach einer „Festung Österreich“.
„Asylstopp“, „geschlossene Grenzen“ und „Abschiebungen“ – aus österreichischer Sicht wirken diese Töne aus Deutschland beinahe wie kulturelle Aneignung. Denn genau das ist das Niveau der politischen Debatte in der Alpenrepublik – seit Jahrzehnten eigentlich.
Eine Phase, die man „österreichische Verhältnisse“ nennen könnte, wie es die CDU-Politikerin Karin Prien ausgedrückt hat: Die rechtsextreme FPÖ ist die mit Abstand stärkste Partei, die Gespräche zur Koalitionsbildung ohne die FPÖ sind gescheitert, aktuell verhandelt die FPÖ mit der ÖVP – und das wiederum ist eine etwaige Variante, in der semantische Feinheiten eine große Rolle spielen: Die ÖVP spricht von „Asylbremse“, die FPÖ von „Asylstopp“ oder gleich von der „Festung Österreich“.
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![29.01.2025, Berlin: Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender, steht nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der namentlichen Abstimmung über Anträge der Unionsfraktion zur Verschärfung der Migrationspolitik und zur inneren Sicherheit am Rednerpult. Im Hintergrund freuen sich die Abgeordneten der AfD-Fraktion. Der Bundeskanzler hatte zuvor mit einer Regierungserklärung Stellung zu aktuellen innenpolitischen Themen wie dem Messerangriff in Aschaffenburg Stellung genommen. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Bundestag - Regierungserklärung](https://img.sparknews.funkemedien.de/408196638/408196638_1738299043_v1_1_200.jpeg)
Bei der FPÖ freut man sich jedenfalls, dass die CDU dabei ist, den Weg der ÖVP einzuschlagen. Die Bande zur AfD sind eng. Seitens der FPÖ sieht man sich wie einen Lehrmeister. Allerdings war da bisher eben dieser eine, große Unterschied: Die Brandmauer gab es nie in Österreich. Seitens der FPÖ zeigt man sich demnach erfreut: Merz‘ Vorschlag entspreche genau der freiheitlichen Kernforderung nach einer „Festung Österreich“.
Und FPÖ-Chef Kickl legt nach: Lüge Merz einfach, oder nehme er es ernst mit seiner „FPÖ-Position“? Und Kickl fragt auch: „Ist Herr Merz ab sofort auch ein Rechtsextremer und EU-Feind?“
Es ist die der FPÖ wohl ureigenste Strategie: die Themenhoheit erlangen, alle anderen inhaltlich vor sich hertreiben, in der Folge den Diskurs verschieben und radikale Inhalte in die politische Mitte zwängen. Es gab einmal eine Abgrenzung zwischen der FPÖ und der Identitären Bewegung – die gibt es nicht mehr.
Heute hat die FPÖ offen rechtsextremes Vokabular übernommen: „Remigration“, „Globalisten“, „Bevölkerungsaustausch“. Und das wiederum ist inhaltlich weit vorgedrungen in das bürgerliche Lager.
Auch von der ÖVP kommt Verständnis
Wenn FPÖ und ÖVP in diesen Tagen also Asylpolitik diskutieren, dann geht es zum Beispiel um solche Maßnahmen: dass Flüchtlingen der Zugang zum Gesundheitssystem beschränkt werden und dieser an „Integrationswillen“ gebunden werden soll. Faktisch hieße das: Flüchtlinge erhielten lediglich Notfallversorgung – und auch die Inanspruchnahme dieser solle nicht gratis sein. Fraglich ist, woran „Integrationswille“ gemessen wird. Angeblich herrscht zu der Maßnahme Einigkeit zwischen ÖVP und FPÖ.
Auch bei der Medienpolitik soll man sich weitestgehend einig sein. Da fordert die FPÖ zum Beispiel die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus dem Budget und nicht über eine Haushaltsabgabe. Auf ein derartiges Modell hatten sich ÖVP und FPÖ bereits 2017 unter dem damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz geeinigt. Zudem will die FPÖ den Umbau der Presseförderungen, sodass auch parteinahe Onlinemedien zum Zug kommen, die durchwegs dem Verschwörerlager zuzurechnen sind.
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Und so kommt zu Merz‘ Annäherungen an die AfD auch von der ÖVP grundsätzlich Verständnis. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte, er sei froh, weil das „für Europa insgesamt“ sei. Und es ist dann der Realpolitiker, der vor „illegalen Zurückweisungen“ an der Grenze warnt. Karner rühmt sich gerne niedriger Antragszahlen, lobt seinen eigenen Grenzschutz, sucht die Nähe Orbans. Eines aber will er sicher nicht haben: eine Grenze, an der es sich staut und die dann dazu führen würde, dass die Zahlen der Asylanträge wieder steigen.
In diesem Klima bleiben dann schon solche Mahner alleine auf offener Flur: Interimskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) freute sich zwar, dass Deutschland in Sachen Asylpolitik beginne umzudenken, mahnte zugleich aber auch, dass letztlich keiner sicher sein werde, wenn jeder „die Zugbrücken hochzieht“.